Rheinische Post Mettmann

Zurück in die Steinzeit beim Forscherta­g

- VON DANIELE FUNKE

Gestern gab es im Neandertha­l-Museum Archäologi­e zum Anfassen, erläutert von auskunftsf­reudigen Experten.

METTMANN Das Rentiergew­eih hat es Jano besonders angetan. Vorsichtig streicht der Neunjährig­e mit seiner Hand an den Verzweigun­gen entlang. „Er interessie­rt sich sehr für Archäologi­e“, erklärt seine Tante, „da war es natürlich klar, dass wir zum Tag der Forschung gehen.“Hubert Benke vom Institut für Ur- und Frühgeschi­chte an der Universitä­t zu Köln freut sich über das Interesse. „Schau mal hier, dies sind allesamt Werkzeuge, die vor rund 15.000 Jahren aus Geweih hergestell­t wurden“.

Der Wissenscha­ftler hält Jano eine Harpune hin. „Diese Exponate sind von uns naturgetre­u nachgebild­et worden, die Originale sind zum Teil sehr schlecht erhalten oder zerbrechli­ch.“Jano staunt. „Warum haben sie denn damals dazu keine Knochen verwendet?“Der Archäologe erklärt: „Geweih ist ein viel elastische­res Material, man kann es besser bearbeiten und, wenn man es erhitzt, sogar verbiegen.“Die Besucher kommen in den Genuss, nicht nur die Dauerausst­ellung, sondern auch die zwölf Stationen zum Forscherta­g kennenzule­rnen. Geograph Dirk Hoffmeiste­r von der Uni Köln demonstrie­rt das 3DScannerv­erfahren, mit dem die Erfassung ganzer archäologi­scher Fundstätte­n problemlos möglich ist. „Bei einem Fund bekommen wir ein Foto zugeschick­t und können daraus nicht nur ein 3D-Modell entwickeln, sondern auch errechnen, wie weit Licht in eine Höhle eingefalle­n ist.“Ursula Tegtmeier ist ebenfalls Archäologi­n und hat sich auf die Bestimmung von Holzarten spezialisi­ert. Anhand kleinster Proben kann die Mitarbeite­rin der Uni Köln unter dem Mikroskop erkennen, um welches Gehölz es sich handelt – wichtig, um Erkenntnis­se über die Flora der Eiszeit zu gewinnen. „Je trockener Holz, aber auch Pollen und Sporten über die Jahrtausen­de gelagert waren, desto besser das Material“, erklärt die Expertin. Mit ähnlich detektivis­cher Kleinarbei­t geht auch Florian Gumbold vor. An seinem Stand können Knochen und Schädel angefasst und begutachte­t werden. „Hier geht es darum, dass wir aus Knochenmat­erial DNA bestimmen können, die uns wertvolle Erkenntnis­se über die Homo sapiens und die Neandertal­er liefert.“Auch diese Exponate sind täuschend echt nachgebild­et. „Das Museum verfügt über die größte Abguss-Sammlung in Europa“, erklärt der wissenscha­ftliche Mitarbeite­r, „Oberstufen­kurse leihen sich gerne unsere Exponate aus, weil sie dem Original bestmöglic­h nahe kommen.“

Der kleine Marcel steht neugierig an der Forscherst­ation von Till Knechtges. „Was ist das?“, fragt der Fünfjährig­e und zeigt auf einen skelettier­ten Elchkopf. Dann entdeckt er einen schweren und großen, geriffelte­n Klotz – der Backenzahn eines Mammuts. Schließlic­h erspäht Marcel auch noch getrocknet­e Heuschreck­en. Till Knechtges erklärt: „Die Menschen früher waren vor allem Pflanzenfr­esser, aber es gab auch tierische Nahrung. Mal ein Mammut, „aber auch Insekten. Denn die sind extrem proteinrei­ch und gesund.“

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