Russlands Leichtathleten bleiben gesperrt
Dem Weltverband fehlt weiterhin die Anerkennung der Erkenntnisse zu systematischem Doping durch die Russen. Kurz vor der WM-Auslosung rücken zudem Dopingvorwürfe gegen russische Fußballer wieder in den Vordergrund.
MONACO (sid) Russland hat auf dem Weg zurück in die internationale Sportgemeinschaft eine weitere Niederlage hinnehmen müssen. Wie der Weltverband IAAF gestern mitteilte, bleiben die russischen Leichtathleten suspendiert. Der russische Verband (Rusaf) ist seit November 2015 ausgeschlossen. „Einige Voraussetzungen sind erfüllt worden, einige wichtige aber noch nicht“, sagte Rune Andersen, Vorsitzender der IAAF Task Force für Russland: „Deshalb haben wir dem Council vorgeschlagen, die Rusaf nicht wiederaufzunehmen. Das Council hat dem einstimmig zugestimmt.“Damit ist ein Start Russlands als Verband bei der HallenWM in Birmingham (1. bis 4. März) und bei der Freiluft-EM in Berlin (7. bis 12. August) nach derzeitigem Stand nicht möglich.
Die Entscheidung für die Fortsetzung des Ausschlusses war erwartet worden, nachdem sich die Welt- Anti-Doping-Agentur Wada Mitte November gegen eine Wiederaufnahme der russischen Anti-DopingAgentur Rusada entschieden hatte. Dieser Punkt ist eine Voraussetzung der IAAF dafür, Russland wiederaufzunehmen.
Zusätzlich fehlt auch weiterhin eine offizielle Anerkennung der McLaren-Berichte, die Russland ein institutionalisiertes Dopingsystem attestieren. „Dies ist für uns von zentraler Bedeutung. Ohne eine Anerkennung gibt es keine Sicherheit, dass so etwas nicht noch mal passiert“, sagte Andersen. Wann erneut über eine mögliche Wiederaufnahme entschieden wird, ist noch offen.
Derzeit dürfen russische Leichtathleten nur mit einer Ausnahmegenehmigung als „neutrale Athleten“ohne russische Flagge und Hymne bei internationalen Wettbewerben starten. Bei den Olympischen Spielen in Rio war nur Weitspringerin Darja Klischina als neutrale Athletin am Start, bei der WM in London im August waren es 19 russische Athleten. Inzwischen haben rund 50 Sportler eine Startberechtigung erhalten.
Unterdessen setzten neue Aussagen des russischen Whistleblowers Gregorij Rodtschenkow Russland auch als Gastgeber der kommenden Fußball-WM unter Druck – und das wenige Tage vor der Auslosung. Der Weltverband Fifa steht wegen seiner Aufklärungsarbeit ebenfalls in der Kritik. Rodtschenkows Anwalt Jim Walden bestätigte der englischen Zeitung „Mail on Sunday“, dass sein Mandant Beweise für die Verwicklung russischer Fußballer, darunter auch Nationalspieler, in den Dopingskandal des Landes habe.
Derzeit untersucht die Fifa bereits die Erkenntnisse aus dem McLarenBericht. Gegenstand der Untersuchung soll auch der russische WMKader von 2014 sein. McLaren berichtete von 34 Fällen im Fußball. Zu Rodtschenkow oder dessen Anwalt nahm trotzdem bislang offenbar niemand von der Fifa Kontakt auf. Walden warf zudem die Frage auf, was passieren würde, wenn die Fifa russischen Fußballern Doping nachweisen könnte. „Wie fatal wäre es, wenn sie Russland von der Heim-WM ausschließen müssten“, sagte er. Rodtschenkow, ehemaliger Leiter des Moskauer Anti-DopingLabors, hatte im Mai 2016 von einem systematischen Dopingsystem in Russland, darunter auch bei den Olympia in Sotschi berichtet.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) will am 5. Dezember über eine Teilnahme Russlands an den Olympischen Winterspielen entscheiden. Ob die Fifa ebenfalls Maßnahmen ergreift, scheint derzeit mehr als ungewiss.