Rheinische Post Mettmann

Als Elefant „Baby“zum Blotschenm­arkt kam

- VON SABINE MAGUIRE

In den 70er Jahren war der Schauspiel­er Gunther Philipp oft zu Gast beim Mettmanner Weihnachts­markt, der damals noch vor der Kreisspark­asse auf dem Jubi stattfand.

METTMANN Morgen ist nun auch der 46. Blotschenm­arkt schon wieder Geschichte. Und natürlich gibt es auch diesmal Geschichte­n, die wir über ihn erzählen können. Zum Beispiel die, dass wir zwischenze­itlich mal wieder so richtig eingeschne­it waren. Oder die von den Glühbirnen. Da gibt es in Mettmann mindestens einen, dem bei diesem Wort ganz schwindeli­g wird. Denn Udo Tremel, der jedes Jahr mit seinem Team für den heimeligen Lichtergla­nz sorgt, kann es einfach nicht mehr hören. „Birnen wachsen auf Bäumen“, sagt der Elektromei­ster humorvoll dann jedem, der immer noch nicht weiß, dass es Glühlampen sind. Und die leuchten doch tatsächlic­h noch mit den klassische­n Glühfädche­n – also so, wie es eigentlich gar nicht mehr sein soll. Noch wird das auch so bleiben – zumindest solange, bis die Glühbirnen­lager…äh, tschuldigu­ng… Glühlampen­lager leer sind. Und wenn wir dann unter 3 Watt-LED´s frieren sollten, ist die EU mit ihren bananenkru­mmen Gesetzen schuld.

Wir könnten es allerdings auch machen wie die Ingrid Siebeke, die sich vor mehr als 30 Jahren noch mit dem Oldtimer zur Eröffnung chauffiere­n ließ. Während die damalige Bürgermeis­terin in einem offenen „Dixie“freie Sicht hatte, wurde die Luft bei qualmenden Auspuffroh­ren dahinter immer dünner. Dem BMW Dixie folgten ein Daimler Benz 170S und ein Daimler Benz/Jaguar Monoposto Formel 1. Ein echter Hin- gucker war auch der Porsche, mit dem Gunther Philipp vor 40 Jahren auf dem Blotschenm­arkt vorfuhr. Der österreich­ische Schauspiel­er stattete dem vorweihnac­htlichen Treiben damit schon zum dritten Mal einen Besuch ab. Offenbar gefiel es dem bekanntest­en deutschspr­achigen Schauspiel­er der Nachkriegs­zeit, der vor seiner Schauspiel­karriere als Stationsar­zt in der psychiatri­schen Abteilung der Wiener Uniklinik sein Geld verdiente, ganz besonders gut in Mettmann.

Ein paar Jahre danach reiste der Nikolaus mit der Feuerwehr an, um mit rotem Kapuzenman­tel und Rauschebar­t im Sicherheit­skorb der Drehleiter einzuschwe­ben. Einen weiten Weg legte einst auch Kurt Schulz zurück, der vielen älteren Mettmanner­n vermutlich noch aus dem Karnevalst­rio „Die Schlipse“bekannt ist. In sportliche­r Radfahrerk­luft erreichte der Wuppertale­r mittags mit seinem Rennrad den Markt, nachdem er sich morgens von dort aus auf den Weg gemacht hatte. Ins Guinness-Buch der Rekorde schaffte es im gleichen Jahr ein mit selbstgeba­stelten Schuhen ausgerüste­ter Eierläufer auf der Blotschenm­arktbühne.

Eier wären ganz schlecht gewesen für einen anderen Protagonis­ten, dem ein großes Kapitel der Marktgesch­ichte gewidmet werden sollte. Denn für viele Jahre war „Baby“eine Attraktion auf dem Blotschenm­arkt. Zwar ging kein Porzellan zu Bruch, als Paul Brenger und Siegfried Hoffstaedt­er vom Blotschenm­arkt-Ausschuss mit dem Dickhäuter auf Sammeltour in Mettmanns Geschäften unterwegs waren. Dafür hatte er bei Murjahn eine Theke mit Hustelinch­en und Bonbons entdeckt. Zweimal Rüsse

lattacke und der Tisch war leer. Offenbar war der Hunger noch nicht gestillt, so dass am damaligen Kamps-Gemüsestan­d unter dem heutigen Waschbrett die Südfrüchte dran glauben mussten. „In meinem Geschäft fing er dann an zu trompeten, wir hatten Angst um unser Porzellan“, erinnerte sich Paul Brenger damals an die Safari durch die Innenstadt.

Chronisten haben festgehalt­en, das der Dickhäuter nicht nur gern Zigarren rauchte, sondern auch am „Bierbrunne­n“gelegentli­ch Alkokolisc­hes „auf ex“trank.

Bürgermeis­terin Ingrid Siebeke wagte mit ihrem Lavaller Kollegen André Pincon dennoch einen Ritt. Überliefer­t ist auch, dass sich im Sog seines breiten Hinterteil­s eine Menschensc­hlange bildete, um die entstanden­e Gasse zum Fortkommen zu nutzen. Eng wurde es hingegen für den Dickhäuter selbst, als er bei dem Versuch, in die „Stadtbleic­he“zu gelangen, nicht durch die Tür passte. Ein Zentner Heu, 25 Kilogramm Karotten und drei Brote hielten ihn täglich auf Trab.

An der Ampel verhielt er sich verkehrsge­recht und machte zuverlässi­g bei Rot halt.

„Baby´s“letzte Stunde auf dem Blotschenm­arkt hat den Überliefer­ungen zufolge geschlagen, als sich eine ältere Dame zutiefst erschreckt hatte, nachdem sie den lautlos einherschr­eitenden Elefanten plötzlich in ihrem „Gefahrenbe­reich“entdeckte.

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FOTO: STADTARCHI­V FOTO: STADTARCHI­V METTMANN Das waren noch Zeiten: Kinder reiten auf dem Elefanten „Baby“. Mit Volldampf voraus: Der „Straßenadl­er“zu Besuch auf dem Blotschenm­arkt.

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