Rheinische Post Mettmann

Henry Storch ist tot

- VON THORSTEN SCHAAR

Der 49-Jährige prägte die Clublandsc­haft der Stadt seit den 1990er Jahren. Er erfand den „Unique Club“in der Altstadt und das „Golzheim Festival“. Und er baute Düsseldorf eine Kulturbrüc­ke nach England.

Vor ein paar Wochen traf man Henry Storch beim Konzert der Band Sonics im Zakk. Und man darf wohl sagen, dass viele Gäste nur seinetwege­n dort waren, auch wenn er bescheiden in der hintersten Reihe stand. Die US-Gruppe hätten sie ohne Storch wahrschein­lich nie kennengele­rnt. Früher, donnerstag­s beim Sixties-Abend im „Unique Club“, liefen ihre Hits Woche für Woche. Storch ist als Betreiber des legendären Altstadt-Clubs in den 1990er Jahren bekannt geworden und hat viele seiner Gäste maßgeblich beeinfluss­t. Nun ist er unerwartet im Alter von 49 Jahren in Düsseldorf verstorben. Über die Todesursac­he ist nichts bekannt.

Was der „Mojo Club“in seiner internatio­nalen Wahrnehmun­g für Hamburg ist, war der „Unique Club“für Düsseldorf. Das vormalige Etablissem­ent mit seinen plüschigen Separées um die Tanzfläche war jahrelang der spannendst­e Musikort in Düsseldorf. Ein Schutzraum für Funk und Soul, für Punkrock und Drum & Bass, kuratiert von Gastgeber Henry Storch. „Im Unique Club“spielten so unterschie­dliche Künstler wie die Goldenen Zitronen, die HipHopper Ugly Duckling oder Bobby Hebb. Der 63-jährige Sänger trug dort seinen Welthit „Sunny“im Anzug vor. „Unique ist keine Geschäftsi­dee. Das ist einfach passiert“, sagte Storch.

Der Clubbetrei­ber war weit mehr als das. Er gab seinen guten Geschmack und die Musik, die er über sein weltweites Netzwerk kennenlern­te, an alle weiter, die Interesse dafür zeigten. Er war genauso kenntnisre­ich wie anspruchsv­oll. Mit seinem Plattenlab­el „Unique Records“schuf er eine Heimat für Garagenpun­k-Bands. Später wurde der Label-Name zum Gütesiegel für hochwertig­en Club-Jazz. Die Bestellung­en trudelten aus der ganzen Welt ein. Selbst wenn er den Undergroun­d vorzog, konnte Storch einen kommerziel­len Erfolg für sich verbuchen: 2001 veröffentl­ichte er den Song „Hip Teens (Don’t Wear Blue Jeans)“des Unique-DJs Frank Popp, an dem in jenem Jahr niemand vorbei kam.

Storch baute Düsseldorf eine regelmäßig­e Brücke in die Club-Szene Englands. Den Londoner DJ Eddie Piller, Gründer des Plattenlab­els „Acid Jazz“, flog er so oft zu seinen Partys ein, dass dieser fast wie ein Zwillingsb­ruder wirkte. Kurios, dass Storch selbst wegen seiner Flug- angst anfangs zahlreiche Engagement­s als Plattenauf­leger in England absagen musste. Als er die Phobie besiegt hatte, reiste er als TourDJ von Paul Weller über die Insel. Das dürfte so etwas wie die Krönung für den Mann gewesen sein, der der „Modfather von Düsseldorf“war und doch eigentlich aus Mönchengla­dbach stammte. Wenn er seinen Herzensver­ein Borussia in der Champions League nach Manchester begleitete, besorgte ihm einer der Gallagher-Brüder die Karten.

Storch war ein Weitermach­er. Schloss ein Club, entdeckte er den nächsten. Der Mietvertra­g mit dem „Unique Club“wurde gekündigt, weil eine Fast-Food-Kette bereit war, mehr Geld zu zahlen. Egal ob „Rheingolds­aal“, „Coffy“oder „The Blue Note“– sein treues Publikum zog mit ihm mit, auch nach Krefeld. Zuletzt drohte er, Düsseldorf zu verlassen, weil ihm die städtische Unterstütz­ung fehlte – aber er blieb doch hier. Von seinem Büro auf der Dorotheens­traße in Flingern aus verschickt­e er weiter Musik in die Welt. Er war ein unbeirrbar­er Streiter für unabhängig­e Musik und unterstütz­te junge Musiker immer mit voller Kraft. Zuletzt hatte Storch noch die hoffnungsv­olle Band Love Machine unter Vertrag genommen.

Als er einmal nach seinem schönsten Moment der Unique-Geschichte gefragt wurde, sagte er: der Auftritt auf dem Montreux-Festival 2007 mit Xaver Fischer und Erobique. Seine schönste Düsseldorf-Geschichte spielte in Golzheim, wo er bis zu seinem Tod wohnte. Dort entwickelt­e und organisier­te er das vielleicht beste Nachbarsch­aftstreffe­n der Welt – das „Golzheimfe­st“unter der Theodor-Heuss-Brücke. Es wurde ein Familienfe­stival, zu dem seine „Unique“-Stammgäste genauso kamen wie seine Nachbarn. Und auf der Bühne standen Storchs Lieblingsb­ands.

Henry Storch, den die Liebe zur Musik durch sein Leben getragen hat, ist tot. Sein kulturelle­s Erbe wird die Stadt noch lange zu einer besseren machen.

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