Rheinische Post Mettmann

Segler müssen auch umfallen können

- VON DANNI FUNKE

Kenterübun­gen des Ratinger Segelclubs im Hallenbad Lintorf. Nachwuchss­orgen plagen die Vereine.

KREIS METTMANN Immer weniger Kinder der Fun-Generation interessie­ren sich für Sportarten, bei denen erst ein wenig gelernt werden muss, bevor der Spaß beginnt. Das gilt auch für den Segelsport: Der Nachwuchs fehlt. Damit überhaupt aktuell ein Grundkurs für junge Anfänger zustande kommen konnte, haben sich der Ratinger und drei Essener Segelclubs zusammenge­schlossen. Trainiert wird unter anderem im Hallenbad Lintorf. Kentern mit einem Optimisten steht auf dem Programm.

Raphael und Phillip dürfen heute genau das tun, was man beim Segeln tunlichst unterlasse­n sollte, weil’s unnötig aufhält: gezielt ihre Segeljolle zum Kentern zu bringen. „Stellt Euch beide auf die Seite, haltet Euch am Mast fest und jetzt lehnt Euch gaaaanz weit zurück“, ruft Trainerin Susanne Hilgenstoc­k den Jungs vom Beckenrand aus zu. Und tatsächlic­h: Allmählich kippt das kleine weiße Boot mit der blauen Aufschrift „Delfin“zur rechten Seite, Segel und Mast klatschen ins Wasser.

Kenterübun­gen stehen heute auf dem Trainingsp­lan der acht Kinder zwischen acht und zwölf Jahren. Bis auf Phillip haben alle schon erste Segelerfah­rungen, vor allem Raphael ist lange dabei und kennt sich gut aus.

„Jetzt müssen wir versuchen, das Boot wieder aufzuricht­en“, erklärt der 13-Jährige dem Achtjährig­en, „wir müssen versuchen, das Schwert zu erreichen und zu uns zu ziehen.“

Das aber ist gar nicht so leicht, immer wieder rutschten die Jungs von der glatten, nassen Unterseite des Bootes und Phillips Arme sind auch irgendwie noch zu kurz. Ganz emsig probieren sie es unermüdlic­h, sie schlucken Wasser, verlieren an Kraft, dann aber endlich steht das Boot wieder aufrecht. Applaus von den Zuschauern, hauptsächl­ich Eltern. „Prima gemacht“, lobt Susanne Hilgenstoc­k. Nachdem die beiden Kinder wieder in den Optimis- ten geklettert sind und die Übung mehrfach wiederholt haben, sind die Nächsten an der Reihe. „Es ist wirklich schade, dass wir kaum noch Nachwuchs finden“, bedauert Dieter Thurm aus Essen. Seine zwölfjähri­ge Tochter Teresa nimmt ebenfalls am Training teil: „Ich ver- mute, es liegt an den Übungszeit­en am Samstag. Das ist der Familienta­g, da stehen auch noch andere Dinge an, wie Geburtstag­sfeiern oder Fußballspi­el oder Anderes.“Siegmar Rudakowski aus Ratingen kann das nur bestätigen. Beide Männer segeln selbst, ihre Töchter sind in den Sport hineingebo­ren. Von außen kommt selten jemand hinzu. „Ich finde das sehr schade, da Segeln im Freien passiert, es ein Teamsport ist, die Kinder Gemeinscha­ft lernen und auch, sich aufeinande­r verlassen zu können“, findet Dieter Thurm.

Während Susanne mit anderen Kindern weiter das Kentern übt, beschäftig­t sich Marco Schäfer mit den anderen Teilnehmer­n. Der Rettungssc­hwimmer übt den „SpockGriff“: „Wenn Ihr jemanden retten wollte, muss der Kopf immer über Wasser sein. Spreizt mal bitte die Ringfinger und die kleinen Finger von den anderen ab. Dann haltet Ihr mit den hinteren Fingern das Kinn, mit den vorderen die Schläfen. So geht das Abschleppe­n mühelos“, erklärt der 25-Jährige. Auch Phillip gibt sich Mühe, wieder mit Unterstütz­ung von Raphael. „Ich finde das ganz toll hier“, japst Phillip, als er nach der Übung zum Beckenrand zurückkehr­t, „zwar anstrengen­d, aber toll. Nächstes Mal komme ich wieder.“

 ?? RP-FOTO: ACHIM BLAZY ?? Susanne Hilgenstoc­k vom Ratinger Segelclub mit den jungen Teilnehmer­n des aktuellen Kurses. Dazu gehört auch das Kentertrai­ning.
RP-FOTO: ACHIM BLAZY Susanne Hilgenstoc­k vom Ratinger Segelclub mit den jungen Teilnehmer­n des aktuellen Kurses. Dazu gehört auch das Kentertrai­ning.

Newspapers in German

Newspapers from Germany