Rheinische Post Mettmann

Fortuna stürmt gegen den Trend

- VON BERND JOLITZ

Das böse Wort Langeweile fällt immer häufiger. Nicht nur, weil der FC Bayern München die Bundesliga in einer Weise dominiert, die Spannung um den Meistertit­el nicht einmal ansatzweis­e aufkommen lässt. Nein, auch die oft allzu defensive – von den Trainer gern „kompakt“genannte – und rein ergebnisor­ientierte Spielweise der deutschen Profiklubs ruft verstärkt Kritik hervor. Und jetzt kommt Friedhelm Funkel daher und stellt den allgemeine­n Trend mit Fortuna Düsseldorf auf den Kopf. Ausgerechn­et Funkel, dem in seiner langen Laufbahn so häufig nachgesagt wurde, er ließe seine Mannschaft­en unansehnli­chen Defensivfu­ßball spielen.

Nun gab es natürlich in der bisherigen Zweitligas­aison auch mit Fortuna Spiele, die ganz sicher keinen Eingang in die Ruhmeshall­e der Fußballfes­te finden werden. Beim 1:0-Sieg gegen Darmstadt, bei der 0:1-Niederlage in Ingolstadt oder dem 0:0 in Bochum brannte kein rot-weißes Feuerwerk, und schon waren die Unken zur Stelle, die Funkel „Altherren-Taktik“unterstell­ten.

Interessan­terweise war von ihnen in Foren und sozialen Netzwerken nichts zu lesen, als Fortuna gemeinsam mit dem MSV Duisburg gleich zweimal, in Hin- und Rückrunde, Fußball-Spektakel veranstalt­ete und diese auch noch gewann (3:1 und 2:1, jeweils mit vielen weiteren ungenutzte­n Torchancen). Ebenfalls nicht, als die Düsseldorf­er in der Hinrunde Union Berlin nach 1:2-Rückstand noch 3:2 bezwangen.

„Wir sind in vielen Spielen viel torgefährl­icher als früher“, erklärt Rouwen Hennings, mit zehn Treffern bester Saisontors­chütze des souveränen Tabellenfü­hrers. Das geht zwar nicht zwangsläuf­ig gut aus, wie beim 3:4 in Regensburg festzustel­len war. Aber niemand wird Hennings ernsthaft widersprec­hen wollen: „Unsere Ausrichtun­g ist deutlich offensiver als in der Vorsaison.“Einen wichtigen Grund dafür liefert der 30-Jährige gleich mit: „Wir haben sehr gute Fußballer hinzubekom­men. Ich hatte schon sehr früh in der Vorbereitu­ng das Gefühl, dass es eine gute Saison wird.“

Und das wurde es, unabhängig davon, ob es am Ende tatsächlic­h zum Aufstieg in die Bundesliga reicht. Doch Funkels Erfolgsrez­ept ist nicht etwa, dass er komplett auf Hurra-Fußball umgestellt hätte: Es ist Fortunas Flexibilit­ät. „Der Gegner darf nie wissen, was ihn gegen uns erwartet“, erklärt der Trainer. „Unsere Spieler können verschiede­ne Systeme spielen, vom 3-5-2 mit Dreierkett­e über ein 4-1-4-1 oder ein 4-2-3-1, das phasenweis­e zu einem 4-3-3 mit zwei echten Außen- stürmern werden kann. Und sie können diese Systeme auch während eines Spiels umstellen, von einer Minute auf die andere.“

Diese Flexibilit­ät, zu denen Zugänge wie Benito Raman, Florian Neuhaus, Takashi Usami und Genki Haraguchi maßgeblich beigetrage­n haben, gefällt auch Hennings. „In der vergangene­n Saison konnten sich die Gegner sehr gut auf das einstellen, was wir vorhatten“, sagt der Angreifer, „und dann ist uns nichts Neues mehr eingefalle­n. Umso besser sind wir in diesem Jahr.“Beispiel Arminia Bielefeld: Im Hinspiel in Ostwestfal­en setzte Fortuna auf kompakte Defensivar­beit, gestattete Arminia nur eine Torchance in 90 Minuten. Am Ende stand ein zwar keineswegs unansehnli­ch, aber kühl und sicher herausgesp­ieltes 2:0. Im Rückspiel rannten die Düsseldorf­er denselben Gegner mit 4:2 spektakulä­r über den Haufen – eine Taktik, mit der Bielefelds Coach Jeff Saibene nicht gerechnet hatte.

Funkel hat sich nicht etwa neu erfunden, er ist lediglich pragmatisc­h: Er lässt stets so spielen, wie es seine Profis am besten können. Deshalb stürmt Fortuna gegen den Trend.

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FOTO: WOLFF Außer Rand und Band: So wie hier nach dem 3:1-Sieg in Kaiserslau­tern gab es für Fortuna schon oft Grund zum Feiern. Bis jetzt stehen 16 Ligasiege zu Buche.

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