Für Kovac ist München die große Chance
MÜNCHEN/DÜSSELDORF Niko Kovac spricht deutsch. Er ist mit 46 Jahren kein junger Hüpfer mehr. Er kennt den internationalen Fußball aus eigener Anschauung als Spieler und als Nationaltrainer Kroatiens. In zwei Jahren hat er aus dem Fast-Absteiger Eintracht Frankfurt einen Kandidaten für die Champions League gemacht. Und er hat schon für den FC Bayern München gespielt.
Das qualifiziert ihn offenbar für den Trainerposten in Deutschlands größtem Verein. Gestern bestätigten die Bayern, dass Kovac einen Dreijahresvertrag unterschrieben habe. „Er kennt die handelnden Personen sowie die Strukturen und die DNA des Klubs sehr gut. Wir sind überzeugt, dass er der richtige Trainer für die Zukunft des FC Bayern ist“, erklärte Sportdirektor Hasan Salihamidzic zunächst im klubeigenen Fernsehen.
Kovac folgt auf Jupp Heynckes (72), der seinem Freund Uli Hoeneß zuliebe den Ruhestand im niederrheinischen Schwalmtal für acht Monate bis zum Saisonende unterbrochen hat. Er tritt kein leichtes Erbe an, denn Heynckes hinterlässt zumindest den Meistertitel als Marke. In der Champions League und im DFB-Pokal stehen die Bayern im Halbfinale. Die Titelausbeute könnte noch bedeutend eindrucksvoller ausfallen. Und Kovac muss zunächst mal mit dem Makel leben, dass er so etwas wie dritte Wahl darstellt. Die Bemühungen um eine Vertragsverlängerung von Heynckes liefen ins Leere. Unterdessen sagte Thomas Tuchel ab, der ebenfalls ein Kandidat auf den Posten war, weil es bei Paris St. Germain neben Weltklasse im Team auch Weltklasse auf dem Gehaltskonto geben wird. Und dann gab es nicht mehr viele, die dem Anforderungsprofil einigermaßen entsprachen.
Kovac wird es nicht irritieren, dass er nicht der erste Ansprechpartner war. Er sieht eher die Chancen, die der Job bietet. Und er hat in seiner Karriere bewiesen, dass er Chancen entschlossen zu nutzen weiß. Seine Wegbegleiter beschreiben ihn als ehrgeizig und klug. Er hat bereits als Spieler gewusst, an welchem Platz er richtig aufgehoben ist. Seine Lehrjahre als Profi machte das Kind kroatischer Einwanderer in seiner Heimatstadt Berlin bei der Hertha. In Leverkusen und Hamburg bestritt er Champions-League- und Europa-LeagueSpiele (ja, ja, das ging damals beim HSV). Und mit den Münchnern wurde er deutscher Meister. Als er erkannte, dass die Bayern ihn nicht mehr zum Stammpersonal zählten, verließ er den Klub.
Eine derartig nüchterne Güterabwägung hat er jetzt wieder betrieben. Vielleicht ist seine Arbeit bei der Eintracht noch nicht vollendet. Aber es ist ganz sicher, dass in dieser Mannschaft nur noch wenig Steigerungspotenzial steckt. „90 Prozent des Erfolgs sind Niko Kovac“, sagte sein Spieler Kevin-Prince Boateng im Hessischen Rundfunk. In der internationalen Auswahl der Frankfurter hat Kovac offenkundig den richtigen Ton gefunden. Und es ist nicht zu übersehen, dass die Eintracht längst nicht mehr nur unangenehm ist, weil sie die Gegner nach allen Regeln der taktischen Kunst zu ärgern versteht. Die Eintracht von 2018 spielt auch ansehnlichen Fußball. Das ist Verdienst des Trainers. Und das hat die Bayern beeindruckt. Wahrscheinlich hat Kovac keine lange Bedenkzeit benötigt. Den Ruf der Bayern schlägt niemand so leicht aus. Für einen solchen Fall hatte der Trainer in seinem Vertrag in Frankfurt nach Informationen des „Kicker“eine Klausel eingebaut. Sie erlaubt es ihm, für eine Ablösesumme von 2,2 Millionen Euro aus seinem bis 2019 laufenden Vertrag auszusteigen.
Darüber ist in Frankfurt natürlich niemand begeistert. Fans werfen ihm bereits Heuchelei vor, weil er auf Fragen nach seiner Zukunft und nach einem Angebot der Bayern noch in der vergangenen Woche ge-