KULTURTIPPS
Kinder in der Kunst des 20. Jahrhunderts Mit Cello und Klavier von Paris nach Moskau Wiederentdeckung der Band Jazz Butcher
Ausstellung Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befand sich die Welt nicht nur technisch im Wandel, auch die Vorstellungen von Kindheit und Erziehung veränderten sich radikal. In der Kunstsammlung des Mülheimer Nobelpreisträgers Karl Ziegler sowie in der Sammlung des Mülheimer Kunstmuseums und der ZilleSammlung gibt es zahlreiche Kinderdarstellungen, anhand derer sich der Wandel in der Darstellung von Kindern nachvollziehen lässt. Zu sehen sind 80 Gemälde, Aquarelle und Grafiken zu Themengruppen wie „Mutter und Kind“, „Kinder unter sich“und „Kinderporträts“von Künstlern wie Käthe Kollwitz, Otto Dix, Lyonel Feininger und Heinrich Zille. Atmosphärisch dichte Bilder, die neben ihrer kunsthistorischen Bedeutung spannende Einblicke in ihre Entstehungszeit geben. Im Kunstmuseum Mülheim, Synagogenplatz 1, Telefon: 0208/ 4554138, www.kunstmuseum-muelheim.de Dorothee Krings Klassik Weit vor Erfindung der Gasleitungen und Handelsabkommen gab es eine feste Achse RusslandEuropa. Sie legte auch Wert auf Genüsse. 1896 brachte ein gewisser Émile Cornillot eine SüßspeisenMarke namens „Franco-russe“heraus. Die „Französisch-Russische Allianz“war aber auch das Resultat eines zunächst geheimen Defensivvertrags zwischen Russland und Frankreich, der zwei Jahre früher, am 4. Januar 1894, in Kraft getreten war.
Die Bande zwischen Frankreich und Russland waren allerdings weitaus älter. Mitte des 19. Jahrhunderts waren viele Franzosen nach Russland gegangen, um dort Arbeit zu finden; umgekehrt trafen in Paris viele russische Industrielle und vor allem Künstler ein. Die Weltausstellungen in den Jahren 1878 und 1889 hatten die Verbindung der beiden Staaten zueinander vertieft und intensiviert. Auch und gerade in der Musik gab es regen Austausch. Tschaikowski beispielsweise hatte seine 4. Symphonie 1880 in Paris zur Aufführung bringen lassen.
Eine schöne neue CD bei Sony heißt nun ganz lakonisch „Paris – Moscou“und beschäftigt sich auf geradezu erlauchte Weise mit den Strömungen der Spätromantik und frühen Moderne, die beide Länder Gitarrenpop Was man ernst meint, singt man am besten im Spaß! Dieses Motto, frei nach Wilhelm Busch, gilt vollumfänglich für Jazz-Butcher-Mastermind Pat Fish und seine regelmäßig wechselnden Bandkollegen. Denn der schwarze Humor, der sich seit Beginn der trunkenen Karriere durch die amüsanten Texte der schmissigen Gitarrenpop-Kompositionen zog, ist das Markenzeichen der Truppe aus Oxford. Die wurde in den frühen 1980er Jahren mit Indie-Disco-Hits wie „Zombie Love“und „Southern Mark Smith“erst berühmt, bevor sie zum Ende des Jahrzehnts auch erfolgreich wurden. Damals veröffentlichten Jazz Butcher ihre LPs auf dem legendären Creation-Label von Alan McGee, der später auch The Jesus & Mary Chain, Ride, My Bloody Valentine, Primal Scream und schließlich Oasis entdecken sollte. Vier dieser Alben finden sich jetzt in der tollen CD-Box „The Violent Years“, darunter das fabelhafte „Fishcotheque“.
ahu erfasste und die aktuellen Hervorbringungen jeweils auch zeitnah zu den Freunden im Geiste brachte. Der Cellist Christian-Pierre La Marca und die Cellistin Lise de la Salle stellen uns Musik vor, die einen gleichsam internationalen Geist atmet, etwa Preziosen aus dem Werkstätten von Gabriel Fauré, Camille SaintSaëns und Jules Massenet. Auf der russischen Seite imponiert die Plat- te mit Kompositionen russischer Meister, die sich früh Paris zugewandt hatten, auch physisch: Igor Strawinsky und Sergej Prokofieff. Im Zentrum steht Sergej Rachmaninows großartige, blumige, rassige, ausdruckswilde Cello-Sonate.
La Marca und de la Salle lassen sich als Interpreten nicht lumpen, sie pflegen keine anämische Dezenz, sondern greifen mit beherztem Bogenstrich und virtuoser Attacke in die Vollen. Man spürt die Lust der Musiker auf saftige Melodien, auf Eleganz und Esprit. Bei den Russen darf es aber auch schon mal knarren. Wolfram Goertz