New Fall Festival wendet Pleite ab
Der Macher der populären Düsseldorfer Veranstaltung hat seinen Insolvenzantrag zurückgezogen und will das Festival neu aufstellen.
Hamed Shahi sitzt in seinem Büro in Flingern. Er lächelt, stöhnt aber bei jeder Bewegung leicht auf. Der Grund: Bei einem Fahrradunfall vor wenigen Wochen hat der 46-Jährige sich sechs Rippen gebrochen. Shahi möchte über das New Fall Festival reden, das er bisher mit seiner SSC Festivals Gmbh veranstaltete. Die Gesellschaft hatte beim Amtsgericht Düsseldorf Antrag auf Insolvenz gestellt. Seit 2011 gibt es das Festival, das Konzerte für erwachsene Hörer in der Tonhalle oder im Congress Centrum veranstaltete. Es gab seit 2016 auch einen Ableger in Stuttgart, der indes auf Eis gelegt wird und 2018 nicht stattfindet. Wird es das Düsseldorfer New Fall Festival auch in diesem Jahr geben? SHAHI Ja, aber anders. Wir müssen Abstand nehmen von der RiesenVeranstaltung, die wir zuletzt waren. Wir konzentrieren uns auf das ursprüngliche Konzept: ein qualitativ hochwertiges Programm in besonderen Räumlichkeiten. Also: Es geht weiter und wird noch besser. Wann findet es statt? SHAHI Vom 25. bis 28. Oktober. Die Orte sind Robert-Schumann-Saal, Tanzhaus, Johanneskirche, Bachsaal, Pong im NRW-Forum, Sipgate. Die Tonhalle fehlt in der Aufzählung. SHAHI Richtig. Wir können uns eine Produktion in der Tonhalle nicht leisten. Die Tonhalle kann uns bei der Preisgestaltung nicht entgegenkommen, so wie sie es in den ersten drei Jahren getan hat, wofür ich sehr dankbar war, und wie es der Schumann-Saal heute noch macht. Ich hatte in der Tonhalle reserviert, aber das werde ich jetzt absagen. Gibt es bestätigte Künstler? SHAHI Die Nerven. Der Plan. Tamikrest. Hundreds. Gute Künstler. Aber sie passen nicht zusammen. Was ist Ihr Konzept? SHAHI Wir versuchen wegzukommen von Stars und großen Namen. Wir sind facettenreicher aufgestellt. Wir präsentieren unabhängige Liebhabersachen. Und mit den Bands, die noch dazukommen werden, zielen wir auf das, was in den nächsten zwei Jahren relevant werden wird. Nicht umsonst gelten wir in der Branche als Trüffelschweine. Mit wie vielen Zuschauern kalkulieren Sie? SHAHI 8000 bis 10.000 Zuschauer, verteilt auf etwa 15 Konzerte. Letztes Mal waren es etwa 25 Konzerte. Und wir werden auch mit den Eintrittspreisen etwas heruntergehen. Sie sollen bei 20 bis 25 Euro liegen. Mit wem haben Sie gesprochen, um das Festival realisieren zu können? SHAHI Im Januar war nicht klar, ob wir das Festival noch mal machen können. Bisher hat uns die Stadt großzügig unterstützt, aber mehr ging nicht. Ich stand vor der Frage: Mache ich weiter? Ich habe vorläufige Insolvenz angemeldet. Und dann haben wir mit jedem Gläubiger einzeln gesprochen. Ich bin gerührt, dass so viele Partner und Sponsoren uns großzügig entgegengekommen sind. Viele haben auf Geld verzichtet oder uns sogar Geld gegeben. Und die Stadt? SHAHI Es gab keine Möglichkeit für einen weiteren Zuschuss. Ganz viel Geld haben also ich und meine Familie privat hinzugegeben. Außerdem haben Mitarbeiter teilweise auf ihre Gehälter verzichtet. Für dieses Jahr habe ich gerade wieder einen Antrag auf den Zuschuss fürs Festival gestellt. Ich bin zuversichtlich, dass wir in derselben Höhe wie 2017 unterstützt werden. Ist es für diesen Antrag nicht arg spät? SHAHI Das ist sportlich, ja. Aber es handelt sich ja auch um eine besondere Konstellation. Ist Ihre Firma SSC Festivals GmbH nach wie vor der Veranstalter? SHAHI Es gibt nun die New Fall Festival gGmbh. Wir sind jetzt gemeinnützig. Und weil die Organisationsform neu ist, müssen wir den Rat informieren und die bereits zugesagten Zuschüsse neu beantragen. Das ist aber reine Formsache. Und wenn die Stadt nicht zahlt? SHAHI Es gibt keinen Grund, ein funktionierendes Festival nicht zu bezuschussen. Aber so gut hat es ja nicht funktioniert. Stichwort vorläufige Insolvenz. SHAHI Ja, harte Rechner mögen das so sehen. Aber in der Musik geht es um eine andere Währung, und zwar um die Gänsehaut, die der Zuschauer hat. Nicht um die Anzahl der verkauften Tickets. Dennoch wollen Mitarbeiter und Partner irgendwann bezahlt werden. SHAHI Genau. Deshalb stellen wir uns neu auf. Ist die vorläufige Insolvenz denn ad acta gelegt? SHAHI Ich habe den Antrag selbst gestellt und konnte ihn zurückziehen, solange das Verfahren nicht eröffnet war. In Rücksprache mit Gläubigern und dem Richter habe ich beweisen können, dass wir es schaffen. Das heißt, jeder hat freiwillig auf Geld verzichtet, damit das Festival weiterhin stattfinden kann? SHAHI Richtig. Sind Sie jetzt privat schuldenfrei? SHAHI Nein. Es wird auch lange dauern, bis es soweit ist. Geht es auch 2019 weiter? SHAHI Wenn ich nicht an 2019 glaubte, würde ich das New Fall 2018 gar nicht erst veranstalten. Haben Sie Fehler gemacht? SHAHI Zweifelsohne. Ein Beispiel: Wir waren ein nachhaltiges Festival und hatten uns vorgenommen, den CO2-Ausschuss zu reduzieren. Jeder konnte mit unseren Tickets umsonst mit der Rheinbahn fahren. Das haben wir bezuschusst. Die Rheinbahn konnte das leider nicht sponsern. Anderes Beispiel: Catering. Wir wollten kein Fleisch aus Argentinien, sondern von Rindern vom Niederrhein. Das kostet Geld. Und man verkauft doch kein Ticket mehr. Zuletzt hatten wir 15.000 Besucher. Aber wir haben es nicht geschafft, die Kosten zu deckeln. Und jetzt gibt es argentinisches Rind? SHAHI Jetzt gibt es gar kein Rind mehr. PHILIPP HOLSTEIN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.