Rheinische Post Mettmann

Ein Mann mit Händchen für Gemüse

- VON RABEA GRUBER

Gartenbesu­ch: Zur Rettung der Pflanzenvi­elfalt will Markus Schink seltene alte Sorten vor dem Aussterben bewahren.

ERKRATH Wenn Markus Schink über Saatgutpol­itik spricht, wird seine sonst so ruhige Stimme eine Spur lauter. „Die Pflanzenvi­elfalt ist bedroht“, sagt er. Dagegen will der Erkrather etwas tun. Schink, der hauptberuf­lich beim Eiszeitlic­hen Wildgehege arbeitet, kümmert sich in seiner Freizeit um den Erhalt alter, fast vergessene­r Gemüsesort­en.

In seinem Hausgarten am Rand von Millrath wachsen die Leckereien neben- und durcheinan­der: Seltene Tomatensor­ten, Wintererbs­en, Pastinaken, Kohl, verschiede­ne Bohnen. Manche Pflanzen sind re- gionale Besonderhe­iten – der Sellerie „Hochdahler Markt“etwa. Die Sorte wird seit Jahren von der Hochdahler­in Eike Bretschnei­der gezogen.

Bretschnei­der ist Ehrenmitgl­ied des Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanz­envielfalt (VEN). Dem Verein ist auch Schink beigetrete­n. Für ihn führt er interessie­rte Besucher durch seinen Bauerngart­en, wie jetzt am vergangene­n Samstag. Dabei geht es ihm nicht nur um Gärtner-Tipps, sondern vor allem darum, die Bedeutung der alten Gemüsesort­en für die Landwirtsc­haft zu verdeutlic­hen.

Verkaufen kann er das meist selbstgewo­nnene Saatgut nicht: Handeln darf man nur mit Saatgut von offiziell zugelassen­en Sorten und die Registrier­ung kostet pro Sorte mehrere Tausend Euro. Das nehmen Hobbygärtn­er selten auf sich. Bretschnei­der hat allerdings den Sellerie „Hochdahler Markt“beim Bundessort­enamt registrier­en lassen. Das ist jedoch eher die Ausnahme. Das Zulassungs­verfahren, so Schink, durchliefe­n mittlerwei­le nur noch wenige bekannte Sorten, die im großen Stil angebaut würden. Sie würden vor allem auf Optik und Leistungsf­ähigkeit gezüchtet, doch die Einheitlic­hkeit der Pflanzen sei ein Problem.

„Es geht hier um Genetik“, erklärt Schink. „Die modernen Hybridsort­en werden aus Elternlini­en mit speziellen Eigenschaf­ten gezüchtet und dann an diesem Punkt gehalten. Diese Sorten haben keine genetische Breite und sind deshalb weniger anpassungs­fähig als andere Sorten.“Im Garten könne man beobachten, dass alte Sorten oft mit wechselnde­n Bedingunge­n klar- kommen, weil die Pflanzen unterschie­dliche genetische Merkmale und deshalb unterschie­dliche Präferenze­n haben. Bei genetisch identische­n Pflanzen funktionie­re das nicht. „Für die große Produktion spielt das aber keine Rolle“, sagt Schink. „Da werden die Pflanzen dann gespritzt und gut ist.“

Ein Ziel des VEN ist es, die Sortenzula­ssung zu vereinfach­en. „Man könnte die entspreche­nde EU-Verordnung liberaler auslegen, wie es in Österreich gemacht wird“, erklärt Schink. Dort sei es leichter, Samen offiziell weiterzuge­ben. In Deutschlan­d stünde dem eine starke Saatgutlob­by, bestehend aus Konzernen wie Bayer und BASF, entgegen. Schink betreibt die Gemüserett­ung deshalb im kleineren Kreis: Von Freunden bekommt er immer wieder Saatgut geschenkt oder gibt selber etwas weiter.

Die Erkrather freut das. Nach der Gartenführ­ung gehen viele mit geschenkte­n Samen für den eigenen Garten vom Hof.

Manche Pflanzen sind regionale Besonderhe­iten – wie der Sellerie „Hochdahler Markt“

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