Neue Beratungsstelle hilft „Sexarbeitern“
Durch das neue Prostituiertenschutzgesetz hat der Kreis die Aufgabe, Betroffene zu erfassen und zu beraten. Viele Gespräche zeigen, dass Prostituierte häufig um ihre Rechte nicht wissen.
KREISMETTMANN Der Zugang ist abgelegen und von neugierigen Blicken abgeschirmt. Niemand muss sehen, wer diese speziell bereit gestellten Räume der Kreisverwaltung betritt: Seit Juli 2017 unterhält der Kreis Mettmann eine Prostituiertenberatungsstelle, die immer stärkeren Zulauf hat. Das berichtet das Gesundheitsamt. Ein Jahr, nachdem ein Team von vier Beschäftigten in der Beratungsstelle seine Arbeit aufgenommen hat, zieht es jetzt Bilanz. Es ist ein fünfseitiger Bericht, den der Kreisgesundheitsausschuss am kommenden Donnerstag zur Kenntnis nehmen wird.
Was hat es mit der Beratungsstelle auf sich?
Zum 1. Juli vergangenen Jahres ist das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft getreten. Es regelt Rechte und Pflichten für Prostituierte und Gewerbetreibende im Rotlichtmilieu. Die Ausübung der Prostitution bleibt grundsätzlich erlaubnisfrei. Allerdings müssen sich alle überwiegend im Kreis Mettmann tätigen Prostituierten durch das neue Gesetz beim Kreisordnungsamt anmelden und eine gesundheitliche Beratung im Kreisge- sundheitsamt wahrnehmen. Dazu wurde die Beratungsstelle eingerichtet, in der je zwei Mitarbeiter des Ordnungs- und des Gesundheitsamtes beschäftigt sind.
Was hat diese Beratungsstelle zu tun?
Bei den Beratungen ergeben sich unterschiedliche Themenschwerpunkte. Es geht beispielsweise um Verhütungsmöglichkeiten, Übertragungswege von Erkrankungen, Hygiene oder den Umgang mit Alkohol und Drogen. „Da der Schutzgedanke im Mittelpunkt der Beratungen steht, sind auch die Arbeitsbedingungen und der Umgang mit denVorgaben der jeweiligen Betreiber Bestandteil der Gespräche“, heißt es in dem Bericht des Gesundheitsamtes. Nach Abschluss der Gesundheitsberatung werden Bescheinigungen mit Klar- und Aliasnamen ausgestellt. Mit ihnen können sich die Betroffenen beim Ordnungsamt anmelden - das ist seit Juli 2017 für sie Pflicht.
Wie viele Betroffene nutzen die Beratung?
Zwischen Juli und Dezember 2017 führte das Team Beratungsgespräche mit 108 so genannten Sexarbeitern. 2018 waren es deutlich mehr: Bis Anfang August gab es 225 Beratungsgespräche. 182 Personen waren über 21 Jahre alt, 43 waren jünger als 21 Jahre.
Wie können die Mitarbeiter der Beratungsstelle den Prostituierten helfen?
Die Berater beobachten, dass es vielen Sexarbeiterinnen an Selbstbewusstsein fehlt, ihre Rechte als freiberuflich tätige Unternehmerin gegenüber den Betreibern durchzusetzen. Dies beziehe sich unter anderem auf die vorgegebenen Arbeitszeiten, aber auch auf die Freiheit, selbst zu entscheiden, welche sexuellen Dienstleistungen sie anbieten möchten.
Welche Probleme gibt es?
Viele so genannte Sexarbeiter sind Migranten und haben kaum Deutschkenntnisse, so dass eine Vielzahl der Beratungsgespräche mit Dolmetschern geführt werden muss. Den Ratsuchenden ist außerdem sehr wichtig, dass in ihrer Heimat nicht bekannt wird, welcher Tätigkeit sie in Deutschland nachgehen.
Gespräche hat die Beratungsstelle in diesem Jahr geführt
Sehen alle Betroffenen den Sinn des neuen Gesetzes ein?
Offenbar nicht. Beraten werden auch Masseurinnen, die im Bereich Tantra oder erotische Massagen tätig sind. Bei ihnen fehle sehr häufig die Einsicht, dass sie mit ihrer Dienstleistung ebenfalls unter das Prostitu-
iertenschutzgesetz fallen. „Hierbei handelt es sich jedoch um sexuelle Dienstleistungen. Dadurch ist ein erhöhter Beratungs- und Aufklärungsbedarf gegeben“, heißt es. Die gesundheitliche Beratung drehe sich bei diesen Personen vor allem um die Bereiche Hygiene und sexuell übertragbare Infektionen.