Maaßen stürzt Koalition in Krise
Die SPD fordert den Rücktritt des obersten Verfassungsschützers, Seehofer stützt ihn.
BERLIN (kd/may-/mar) Die umstrittene Haltung von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen zum Auftreten von Rechtsextremisten in Chemnitz hat die große Koalition in eine neue Krisensituation gebracht. Die SPD forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag auf, für Maaßens Rückzug aus dem Amt zu sorgen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte ihm zuvor aber seinVertrauen ausgesprochen. Die drei Parteivorsitzenden trafen sich am Nachmittag kurzfristig im Kanzleramt und vertagten ihr Gespräch nach eineinhalb Stunden auf Dienstag. Maaßen hatte sich in einem Interview unter anderem von der Einschätzung der Kanzlerin im Fall rechtsextremer Vorkommnisse in Chemnitz distan- ziert. Erst im Sommer hatte die Koalition, vor allem aber die Union von CDU und CSU, nur mit Mühe einen Kompromiss im Asylstreit gefunden und einen Bruch der Koalition abgewendet.
Mit Blick auf die Landtagswahlen in Bayern und Hessen im Oktober und die schlechten Umfragewerte macht sich inzwischen aber neue Nervosität breit. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte unserer Redaktion: „Gerade einmal zehn Wochen nach der letzten Regierungskrise erleben wir heute die nächste.“Im Mittelpunkt stehe wieder einmal Seehofer. Dieser sei selbst zum „Sicherheitsproblem für die Bundesregierung“geworden. Der Verfassungsschutz brauche einen grundlegenden Neustart – ohne Maaßen. In Koalitionskreisen wurde nicht ausgeschlossen, dass Maaßen selbst auf sein Amt verzichten könnte. Er ließ am Donnerstag neue Vorhaltungen zurückweisen, er habe unrechtmäßig Informationen oder Unterlagen an einen AfD-Bundestagsabgeordneten weitergegeben. Grüne, Linke und FDP forderten wie die SPD seinen Rücktritt. Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth (CDU) kritisierte die Rücktrittsforderungen sowie Drohungen der SPD mit einem Bruch der Koalition als unverhältnismäßig. Maaßen habe sein Interview mit der „Bild“-Zeitung bedauert. Die Bürger hätten kein Verständnis dafür, wenn wegen der Personalie Maaßen die Regierung in die Brüche ginge. Leitartikel, Politik