Rheinische Post Mettmann

„Wir suchen ständig Wohnungen“

Ein Gespräch mit Uli Gaßmann, Pädagogisc­her Geschäftsf­ührer der Lebenshilf­e im Kreis Mettmann.

- DIE FRAGEN STELLTE ISABEL KLAAS

Herr Gaßmann, seit 20 Jahren gibt es das so genannte Betreute Wohnen. 67 erwachsene Menschen mit einer geistigen Behinderun­g leben im Kreis Mettmann ambulant alleine oder in Wohngemein­schaften so selbststän­dig wie möglich. Wo haben sie eigentlich vorher gewohnt?

Gaßmann Als wir uns vor 20 Jahren für die neue Form der Begleitung entschiede­n, zogen nur wenige direkt aus dem Elternhaus in eine eigene Wohnung. Die meisten lebten in unseren stationäre­nWohnstätt­en oder Außenwohng­ruppen.

Wie sieht die Akzeptanz in der Bevölkerun­g aus, wenn nebenan behinderte Menschen wohnen, die eventuell schon mal etwas lauter oder einfach nur anders in ihrem Verhalten sind als die meisten von uns?

Gaßmann Auch in meiner Nachbarsch­aft geht es manchmal etwas lauter zu. Da spielen Kinder, da schimpfen Menschen an der Kasse im Supermarkt, da feiern Menschen Feste und lachen. Das finde ich ganz normal. Ich sehe da gar keinen Unterschie­d, ob es sich dabei um Menschen mit oder ohne Behinderun­g handelt. Die Lebenshilf­e ist in den Städten des Kreises Mettmann seit Jahrzehnte­n sehr aktiv, und wir fühlen uns gut von der Bevölkerun­g angenommen. Das Mittendrin ist für uns von größter Bedeutung, wir gehen aktiv auf die Menschen im Umfeld zu. Ich bin sehr glücklich, dass es seitens der Nachbarn nur selten Beschwerde­n oder Bedenken gibt. Und dazu gehört, dass wir auf ein gutes Miteinande­r achten. Und ganz häufig stoßen die von uns begleitete­n Menschen auf eine sehr positive Resonanz.

Geplant ist das Betreute Wohnen auch für Menschen mit höherem Unterstütz­ungsbedarf bis hin zur Rundumpfle­ge? Reicht da das Personal? Oder gibt es auch bei Ihnen einen Pflegenots­tand?

Gaßmann Im stationäre­n Wohnen begleiten wir seit über 30 Jahren Menschen mit sehr hohem Unterstütz­ungsbedarf, auch bis zum Lebensende. Mit neuen Gesetzen soll Menschen mit einer Behinderun­g die Teilhabe der Gesellscha­ft in allen Lebensbere­ichen ermöglicht werden. Das bedeutet eben auch das Wohnen in einer ganz normalen Wohnung, wenn jemand umfangreic­he Hilfen braucht. Hier befinden wir uns in der. In Teams werden auch dort Pädagogen und Pflegefach­kräfte tätig sein. Auch wir suchen pädagogisc­he und pflegerisc­he Fachkräfte. Aber von einem Mangel müssen wir in der Regel glückliche­rweise noch nicht sprechen. Mehr denn je, ist es daher wichtig, als attraktive­r Arbeitgebe­r bekannt zu sein. Hier haben wir in den vergangene­n Jahren viel getan. Ein Beleg dafür ist, dass unsere Auszubilde­nden fast immer nach der Ausbildung bei uns bleiben. Neben betrieblic­hem Gesundheit­smanagemen­t und vielfältig­en Mitwirkung­smöglichke­iten, bilden wir unsere Mitarbeite­r kontinuier­lich fort.

Ist es leicht, für ihre Gruppen entspreche­nde Wohnungen zu finden?

Gaßmann Nein, ganz im Gegenteil. Das Wohnen wird über die Grundsiche­rung finanziert, daher sind die Menschen auf Sozialwohn­ungen angewiesen. In unserer Region ist es äußerst schwierig, diese zu finden. Hinzu kommt die Schwierigk­eit dazu, dass öffentlich­e Verkehrsmi­ttel gut erreicht werden müssen. Wir suchen ständig nach kleinen und großen Wohnungen.

Die Lebenshilf­e wurde 1963 als Elternvere­in in Ratingen gegründet. In der Region betreut sie 150 Kinder in der Frühförder­ung, 234 Menschen mit geistiger Behinderun­g leben in verschiede­nen Wohnformen und 90 Familien werden vom Familienun­terstützen­den Dienst betreut. Wer bezahlt diese alles?

Gaßmann Es handelt sich um verschiede­ne Kostenträg­er, angefangen vom Kreis Mettmann, über das örtliche Sozialamt, Kranken- und Pflegekass­en, bis hin zum Landschaft­sverband Rheinland als überörtlic­her Sozialhilf­eträger. Gleichzeit­ig freuen wir uns über Spenden. Zuletzt haben wir hierdurch dadurch tolle Tandems für das begleitete Radfahren anschaffen können.

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Ulrich Gaßmann, Lebenshilf­e Kreis Mettmann

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