Zinsentwicklung könnte Börsen drücken
(rps) Handelsstreit, Brexit, Italien-Krise – die Finanzmärkte haben derzeit mit vielen Problemen zu kämpfen. Über die möglichen Auswirkungen gibt es unterschiedliche Ansichten. Nach Meinung der Experten des Werthstein Instituts werden insbesondere die Zinsen die Aktienmärkte in den kommenden Monaten dominieren. Die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen habe mit 3,2 Prozent den höchsten Wert seit 2011 erreicht, heißt es in einer Mitteilung des Gremium, in dem Ökonomen und Investmentexperten zusammenarbeiten.
In Europa sei der Trend, auf etwas niedrigerem Niveau, derselbe. Die deutschen ZehnJahres-Renditen, 2016 noch unter Null, sind nun zurück bei 0,5 Prozent. Und die nähere Zukunft? Jerome Powell, seit Februar Chef der US-Notenbank Fed, machte vor wenigen Tagen noch einmal klar, dass weitere Zinsschritte anstehen: „Wir sind noch ein ganzes Stück weg von neutral ... und wir können auch über neutral gehen.“
„Powells Äußerungen bedeuten, dass die Fed die Zinsen von derzeit zwei Prozent sehr wahrscheinlich viel weiter erhöhen wird“, prognostiziert Giles Keating, Präsident des Werthstein Instituts. „Auch wenn die Europäische Zentralbank erst in einem Jahr an der Zinsschraube dreht, immun gegen die steigenden Zinsen in den USA sind wir nicht.“Damit mehren sich, so die Experten des Instituts, die Anzeichen, dass es an den Aktienmärkten noch im Oktober zu einer Korrektur kommen könne. „Ich erwarte keinen Crash, da Weltwirtschaft und Unternehmensgewinne weiterhin intakt sind, aber ein Rückgang der Kurse um etwa zehn Prozent ist durchaus möglich“, sagt Keating.
Die französische Ökonomin Valérie Plagnol teilt diese Sicht: „Ich fürchte die Kombination steigender Zinsen und einer steigenden Verschuldung vor allem in den USA. Dazu kommen die italienischen Defizitpläne und der Handelsdisput zwischen den USA und China, der sich verschärft. Auch ich erwarte eine Korrektur der Börsen noch im Oktober.“
Der Kapitalmarktexperte Robert Halver ist optimistischer, zumindest mit Blick auf die mittlere Frist. „Ich bin beeindruckt von der stoischen Ruhe in deutschen Unternehmen trotz der zunehmenden Risiken, die sich in stabilen Konjunkturumfragen wie dem ifo-Index widerspiegelt. Ich blende die verschiedenen Risiken nicht aus, so die Situation in und rund um Italien, aber ich erwartet daraus keine europaweite Krise. Kurzfristige Schwankungen ja, aber auf längere Sicht bleibe ich optimistisch.“