Brisante Zeitreise für Markus Anfang
Der Trainer des 1. FC Köln kehrt als Tabellenführer nach Kiel zurück – und trotzdem ist nicht alles gut. Das Spiel bei seinem Ex-Klub wird zur Nagelprobe für das System des früheren Spielers von Fortuna Düsseldorf.
(sid) Die Geschichte von der emotionalen Rückkehr liegt nahe, doch Markus Anfang hat darauf keine Lust. Ja, sagt der Trainer, die erfolgreiche Zeit bei Holstein Kiel sei „toll“gewesen: „Aber jetzt sind wir mit dem 1. FC Köln da. Und wir wollen drei Punkte holen.“So knapp und so nüchtern wie möglich spricht der 44-Jährige über das Wiedersehen mit seinem Ex-Klub am Samstag (13.00 Uhr/Sky), damit wirklich jeder die Botschaft versteht: Anfang, der Kölner, denkt jetzt nur noch für seinen FC.
Das mag bemüht gefühlskalt wirken angesichts von zwei rauschhaften Jahren in Kiel, in denen beinahe der Durchmarsch in die erste Bundesliga gelang. Doch Anfang hat durchaus Gründe, sich derzeit demonstrativ mit seinem neuen Team zu beschäftigen. Denn trotz der Zweitliga-Tabellenführung vor dem 10. Spieltag ist nicht alles gut beim FC. „Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir Zehnter sind“, sagt Sportchef Armin Veh zur aktuellen Stimmungslage. Das liegt zu einem guten Teil an der höchst peinlichen 1:2-Heimniederlage gegen einen bis dahin sieglosen MSV Duisburg, mit der sich die Kölner vor knapp zwei Wochen in die Länderspielpause verabschiedet hatten.
Das liegt allerdings auch daran, dass sich in diesem Spiel all die Probleme offenbarten, die bei Anfangs Mannschaft schon in den eigentlich erfolgreichen Wochen zuvor durchschimmerten. Ein ansonsten ziemlich mittelloser MSV gewann in Köln, indem er Lauf- und Passwege des ungewöhnlichen Anfang-Systems aggressiv und erfolgreich zustellte – und dem FC fielen kaum alternative Lösungen ein.
Auch an Anfang nagte diese Niederlage, dennoch zeigt sich der Coach einigermaßen genervt von der „brutal hohen Erwartungshaltung“an sein Team. „Wir sind kein Erstligist, der in die zweite Liga implantiert wurde und hier alles aus dem Stadion schießt“, stellt er fest: „Diesen Anspruch müssen wir mal zur Seite schieben.“Ein offensichtliches Problem seines Teams, das bisher jedes Auswärtsspiel gewann, ist allerdings die fehlende Stabilität. Die mit Abstand beste Offensivmannschaft der Liga (22 Tore) ist zu selten in der Lage, sich erfolgreich zu verteidigen. Der Sieg in Bielefeld (3:1) gehörte zu den ganz wenigen wirklich souveränen Auftritten des Topfavoriten – es folgte direkt der heftige Rückschlag gegen Duisburg.
Nun muss Köln auch noch die langfristigen Ausfälle von Lasse Sobiech, Christian Clemens und Vincent Koziello verkraften, zudem ist Marcel Risse noch nicht fit. Unter diesen Vorzeichen geht es also in das richtungweisende Spiel gegen eine Mannschaft, die den Fußball des Kölner Trainers zwei Jahre lang höchst erfolgreich praktiziert hat. Und die damit noch deutlich besser als der MSV wissen sollte, wie man Anfangs System zum Erliegen bringt. Seine Mannschaft müsse darauf Antworten finden, sagt Anfang, „es geht einzig und allein darum, wie wir das Spiel machen. Es geht nicht um den Gegner.“Auch wenn der insgeheim vielleicht doch nette Erinnerungen weckt.
Das Bundesliga-Fußballspiel zwischen Eintracht Frankfurt und Fortuna Düsseldorf war beim Druck dieser Ausgabe noch nicht beendet.