Kohlekompromiss ist möglich
Wenige Themen sind so umstritten wie der Ausstieg aus der Braunkohle – doch ein Kompromiss scheint denkbar. Insbesondere Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla spielt eine große Rolle.
BERLIN Wie lässt sich testen, ob ein Kompromissvorschlag ausgewogen ist? Indem sich zeigt, dass sich viele Teilnehmer einer Gruppe entrüstet zeigen. Genauso ergeht es der 28-köpfigen Kommission zur Zukunft der Deutschen Braunkohle, die im Auftrag der Bundesregierung ein Konzept für einen möglichst sozialverträglichen und doch schnellen Ausstieg aus der Braunkohleverfeuerung entwerfen soll.
Im Sommer hatten sich nahezu alle beteiligten Gruppen in der Kommission empört, als ein erster möglicher Zeitplan bekannt wurde, wie sich Ronald Pofalla (CDU) als einer der vier Kommissionsvorsitzenden einen möglichen Zeitplan für den Kohleausstieg vorstellte. Bis Ende 2020 sollten zwischen fünf und sieben Gigawatt Kohleverstromung vom Netz genommen werden, dann könne zwischen 2035 und 2038 der ganze Ausstieg kommen – eine Kompromisslinie, die wohl auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) liegt. Er soll intern 2038 als realistisches Enddatum bezeichnet haben.
Eine CO2-Steuer, wie vom Potsdamer Institut für Klimaforschung vorgeschlagen, wird in der Kommission dagegen bislang mehrheitlich abgelehnt. Sie sei unnötig. Denn ein klares Ausstiegsszenario werde sowieso zu einem schnelleren Abbau der Braunkohleerzeugung führen.
In der Kommission entwickelt sich Pofalla auf diesem Weg zusehends zum Faktor für einen Kompromiss. Der frühere Kanzleramtschef hatte einen Eklat in der letzten Sitzung verhindert. Mehrere Teilnehmer hatten nach dem Streit um den Hambacher Forst einen Zwi- schenbericht abgelehnt, das Scheitern der Kommission drohte. Nach einer Zahn-Operation kam Pofalla verspätet in die Sitzung, warnte eindringlich vor einem Scheitern und zwang die Mitglieder so doch noch zu einem Kompromiss, der im bisherigen Zwischenbericht auch angedeutet wird. In Berlin ist inzwischen von der „Pofalla-Kommission“die Rede.
Der Rodungsstopp im Hambacher Forst hat derweil nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums keinerlei negative Auswirkungen auf die Strom-Versorgungssicherheit in Deutschland. „Die Reduktion der Braunkohleförderung im Hambacher Tagebau würde sich nicht negativ auf die Versorgungssicherheit am Strommarkt auswirken“, erklärt der Parlamentarische Staatssekre- tär im Ministerium, Oliver Wittke (CDU). Das geht aus dem Protokoll des Bundestags aus der Sitzung am 17. Oktober hervor.„Studien des europäischen Verbandes der Übertragungsnetzbetreiber und im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zeigen, dass es derzeit weiterhin deutliche Überkapazitäten an den Strommärkten gibt“, sagte Oliver Wittke auf eine Frage des Grünen-Politikers Oliver Krischer.
Krischer fühlt sich bestätigt, den Braunkohleausstieg schnell zu wagen. Er fordert, für die Mitarbeiter von RWE großzügige Lösungen zu finden: „Es sollte analog zur Steinkohle für die Beschäftigten in der Braunkohle eine Anpassungsregelung geben, die früheren Ruhestand oder Qualifizierung ermöglicht.“