Wem gehört der Fußball?
Der „Spiegel“berichtet über Pläne der großen europäischen Klubs, eine Super League zu gründen. Es ist offenbar eine Drohkulisse in den Verhandlungen mit der Uefa über mehr Geld. Und es wäre der Abschied vom Sport.
Im Sommer hat die Europäische Fußball-Union (Uefa) das Prämiensystem für die Champions League neu geregelt. Seither verdienen die großen Klubs auf dem Kontingent von Anfang an mehr als die Konkurrenten. Denn die Uefa honoriert die zurückliegendenVerdienste mit zusätzlichen Prämien, die sie nach der sogenannten Koeffizientenrangliste bemisst. Dort werden die Platzierungen der vergangenen zehn Jahre berücksichtigt. Der deutsche Meister Bayern München belegt in dieser Rangliste den dritten Platz. Das wird schon vor der ersten Ballberührung mit 33,24 Millionen Euro belohnt. Insgesamt könnten die Münchner in dieser Saison weit mehr als 100 Millionen Euro einnehmen – unabhängig von den Eintrittsgeldern.
Das finden die Bayern und die anderen europäischen Schwergewichte natürlich ziemlich gut. Und es gilt als sehr wahrscheinlich, dass sie diese Form von besonderer Behandlung 2016 in den Gesprächen mit dem Champions-League-Veranstalter Uefa durch zarten Druck erstritten haben. Darüber berichtet das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“jedenfalls in seiner jüngsten Ausgabe. Er beruft sich auf Informationen der Enthüllungsplattform „Football Leaks“.
Druck, behauptet das Magazin, habe ein Kartell der führenden Klubs ausgeübt. Neben den Bayern werden Real Madrid, Juventus Turin, der FC Barcelona, Manchester United, der FC Arsenal und AC Mailand genannt. Die großen Sieben sollen dem europäischen Verband mit der Gründung einer selbstverwalteten Super League und dem Ausstieg aus der Champions League gedroht haben. Für die Uefa eine schreckliche Aussicht. Schließlich nimmt sie nach zuverlässigen Schätzungen durch ihre großen Wettbewerbe jährlich 3,25 Milliarden Euro brutto ein. Über zwei Milliarden schüttet sie an die Teilnehmer desWett- bewerbs aus – mit den genannten Boni für die Großen.
Die hätten nun ganz gern, dass sie auf Dauer im finanziellen Vorteil bleiben. Das gehört zum Wesen des Geschäfts. Um ihren Vorrang weiter abzusichern, sollen die führenden europäischen Klubs ihre Pläne von einer Super League in diesem Jahr noch einmal konkretisiert haben. Der„Spiegel“berichtet von einer bindenden Absichtserklärung, die 16 Vereinen zur Unterschrift noch im November vorliegen soll. Darin werde die Gründung einer Super League in der Spielzeit 2021 beschlossen. Elf Vereine, unter ihnen die Bayern, behalten für 20 Jahre das Startrecht, fünf weitere, unter ihnen Borussia Dortmund, können absteigen.
Die Bundesligisten dementieren Einzelheiten, nicht aber das große Ganze. „Wir stehen total zu unserer Mitgliedschaft in der Bundesliga und analog zu den Uefa-Wettbewerben“, sagt Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Planspiele zum Ausstieg aus der heimischen Liga und zu den Aussichten einer Super League bestreitet er allerdings nicht. „Es ist normal“, sagt Rummenigge, „dass man sich damit juristisch auseinandersetzt. Ich sehe darin keinen Skandal.“Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke beteuert: „Ich habe deutlich gesagt, dass Borussia Dortmund für keinen Wettbewerb dieses Planeten die Bundesliga verlassen würde.“Und dann sagt er diesen einen wichtigen Satz: „Die Bundesliga ist mittlerweile deutsches Kulturgut.“
Das führt geradewegs zur Kernfrage in dieser Diskussion um unermüdliche Geldvermehrung, Showgeschäft, zementierte wirtschaftliche Erfolgsaussichten und Teilhabe. Sie lautet: Wem gehört der Fußball? Gehört er den Fans, die ihn finanzieren, die ihm das Herz geben, die ihn zu Watzkes Kulturgut machen? Gehört er den kleinen und größeren Wirtschaftsunternehmen, die sich beschönigend noch Vereine nennen
„Die Bundesliga ist mittlerweile deutsches
Kulturgut“Hans-Joachim Watzke Geschäftsführer Borussia Dortmund