Rheinische Post Mettmann

Vorbild im Kampf gegen Wetterkapr­iolen

Fachleute aus dem ganzen Bundesgebi­et trafen sich im Alten Bahnhof in Solingen zum Thema „Umgang mit Starkregen“.

- VON ALEXANDER RIEDEL

SOLINGEN Einige Zuhörer gaben sich zu Beginn der Veranstalt­ung rebellisch: Als Gastgeber Dr. Igor Borovsky von der Technische­n Akademie Hannover die rhetorisch­e Frage aufwarf, wer denn glaube, dass die Temperatur­en des Sommers normal gewesen seien, schnellten immer noch viele Finger nach oben. Einig waren sich jedoch bis auf einen Gast alle in der nächsten Frage – nämlich, ob es mehr schwere Unwetter gebe als früher. Die klare Antwort: Ja.

Viele Beispiele dafür nannten die Referenten in der Schalterha­lle des Alten Bahnhofs – allein das heftige Gewitter mit sintflutar­tigen Regenfälle­n am Gedenktag zum Solinger Brandansch­lag war noch gut in Erinnerung. Wie man den Folgen derartiger Wetterextr­eme effektiv begegnen kann, das diskutiert­en nun rund 150 Experten, Verwaltung­smitarbeit­er und Kommunalpo­litiker aus dem ganzen Bundesgebi­et. Die Technische Akademie Hannover hatte gemeinsam mit der Stadt Solingen zum Erfahrungs­austausch über „Neue Möglichkei­en im Umgang mit Starkregen­ereignisse­n“eingeladen.

Dass dieser Standort kein Zufall war, betonten alle Beteiligte­n mehrfach. „Solingen hat ein super gutes, erfolgreic­hes Konzept zur Stadtentwä­sserung entwickelt“, lobte Ingenieur Borovsky. Der Lohn dafür war in diesem Jahr der„Blaue Kompass“ des Bundesumwe­ltminister­iums für die Technische­n Betriebe. Deren Abteilungs­leiter der Straßen-, Kanalplanu­ng und -ausführung, Wulf Riedel, kam zu einem der erstenVort­räge aufs Podium – und skizzierte Maßnahmen, wie man sich mit den besonders üblen Launen der Natur arrangiere­n kann.

Mit dickeren Kanalrohre­n offensicht­lich nicht: Um einem Extremunwe­tter, wie etwa 2014 in Müns- ter, zu widerstehe­n, als es sieben Stunden lang wie aus Wasserwerf­ern regnete, rechnete er vor, müsse man theoretisc­h das 600 Kilometer lange Solinger Kanalsyste­m derart umrüsten, dass dabei Kosten von mehr als einer Milliarde Euro anfielen. Und selbst dann wüsste man immer noch nicht, wohin letztlich mit dem Wasser.

Für die Zukunft forderte der Referent, mehr Grün-Dächer zu schaffen, die ebenfalls für einen natürliche­n Rückhalt sorgen und zugleich Wasser speichern könnten. Ein wichtiger Baustein sei jedoch schließlic­h die gezielte Bürgerinfo­rmation – mit Gefahrenpo­tenzialkar­te, Online-Test für Grundstück­seigentüme­r oder einer Starkregen­warn-App.

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FOTO: OBERPRILLE­R Anfang des Jahres litt beispielsw­eise Unterburg unter den Wassermass­en nach Starkregen.

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