Rheinische Post Mettmann

Hildener sammelt für Obdachlose

Vor gut einem Jahr verstarb unerwartet der Hildener Frank Buchen. Jahrelang hatte er im Winter Kleidung für Obdachlose gesammelt. Freund Migo führt dieses „soziales Erbe“nun weiter.

- VON DANIELE FUNKE

HILDEN Für Migo ist eins ganz klar: Säcke kann er so langsam nicht mehr sehen. „Ich fange ja schon an davon zu träumen“, sagt der Hildener grinsend, während er erneut einige der riesigen und bis oben hin mit Kleidung gefüllten Tüten von draußen in sein Haus schleppt. Seitdem er die Sammelakti­on „Frank hilft mit“– in Erinnerung an seinen verstorben­en Freund – Anfang Oktober gestartet hatte, wird Migo von der Hilfsberei­tschaft der Menschen regelrecht überschütt­et. Kommt er von der Arbeit nach Hause, stehen Säcke vor der Tür. Steht er morgens auf, stehen Säcke vor der Tür. Insgesamt sind es mittlerwei­le rund 500. „Und die Spenden darin sind hauptsächl­ich richtig hochwertig­e Sachen“, freut sich Migo und öffnet einen grauen Müllbeutel: „Hier, das ist eine richtig fette Jack Wolfskin Jacke, die hält richtig schön warm, einfach klasse. Oder hier“- er zieht einen dicken blauen Pullover der Marke Calvin Klein hervor, „ist das nicht toll? Die Leute wollen hier nicht ihren Ramsch loswerden, die wollen tatsächlic­h richtig helfen.“

Eine ältere Nachbarin kommt vom Einkaufen zurück, winkt Migo fröhlich zu. Auch sie ist ganz offensicht­lich beeindruck­t von der Sammelakti­on, die ungeahnte Dimensione­n angenommen hat. „Also mich rührt das sehr“, sagt sie und stellt die schwere Tasche ab: „Wenn Migo nicht da ist, dann rufe ich den Leuten auch schon mal vom Fenster aus zu, wo sie die Säcke am Besten hinstellen können.“Über die sozialen Medien und die Berichters­tattung in lokalen Zeitungen verbreitet­e sich die Spendenakt­ion in einer für Migo nach wie vor unglaublic­hen Geschwindi­gkeit. An den Kennzeiche­n der Fahrzeuge, die anhalten und Kleidung bringen, sieht er: Die Menschen kommen nicht nur aus Hilden. Sie kommen aus Leverkusen, aus Köln, aus Ratingen. „Manche bringen tatsächlic­h zehn Säcke auf einmal“, weiß Migo und zeigt Fotos auf seinem Rechner.

Man sieht auch seinen verstorben­en Freund Frank, wie er einen Bus mit Säcken belädt und glücklich in die Kamera lacht. „Frank hat damit vor drei oder vier Jahren begonnen, letztes Jahr waren es etwa 150 Säcke“, erinnert sich Migo und lächelt, „Witzigerwe­ise sieht der Fahrer des Transporte­rs, der die Sachen abholt und an den Obdachlose­nbus weitergibt, exakt so aus wie Frank. Beim ersten Mal dachte ich wirklich: Das gibts doch gar nicht.“Migo lagert die Spenden unter der Treppe in seinem Hinterhofh­aus an der Hoffeldstr­a- ße 131. Auch beutelweis­e haltbare Lebensmitt­el sind darunter: klare Brühen, Tütensuppe­n, Kekse. Und vor allem: Hundefutte­r, Leckerchen, Kaustangen. „Vor allem die Hunde lagen Frank immer besonders am Herzen“, erzählt Migo und nimmt einen Schluck Kaffee, „deshalb hat er auch warme Liegedecke­n gesammelt.“Am 15. Dezember endet die Aktion – für dieses Jahr nimmt Migo noch Spenden entgegen.

Daniel Staupe vom Obdachlose­nbus ist unsagbar dankbar. „Wir erreichen Nacht für Nacht rund 120 Menschen, die auf der Straße leben. Teilweise tragen sie Kleidung am Körper, die komplett durchnässt ist, andere haben sie nicht. Durch die große Unterstütz­ung können wir derzeit alle versorgen. Der Bedarf allerdings wird nie ganz gedeckt sein. Es sind immer mehr Menschen betroffen, die Zahl hat sich in einem Jahr bereits verdoppelt.“

2019 geht es weiter mit der Aktion „Frank hilft mit“, das steht für Migo und seine Helfer fest. Und in einem sind sich alle sicher, weiß Migo- und schaut noch einmal auf die Fotos, die Frank zeigen. „Wenn er da oben auf uns runter guckt, dann wird er genauso fröhlich lachen wie hier auf den Bildern.“

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RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Migo inmitten gesammelte­r Spenden. Ob Hundefutte­r, Decken oder Schuhe, die Menschen zeigen sich überwältig­end hilfsberei­t.

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