Rheinische Post Mettmann

Nah am Wasser gebaut

Durch die Otto-Hahn-Siedlung in Wersten fließt eine Gracht, die sich 50 Hausbesitz­er teilen – mit Fischreihe­rn, Störchen und Fröschen.

- VON UTE RASCH UND ANDREAS BRETZ (FOTOS)

Sechs Jahre sind eine lange Zeit. Vor allem dann, wenn man vergeblich ein neues Zuhause sucht. Alles hätten sie akzeptiert: ein Grundstück um selbst zu bauen, ein Reihenhaus, eine Doppelhaus­hälfte, ein altes Haus zum Umbauen. Gunilla Klinkhamme­r und ihr Mann Jörg Magar sind Architekte­n, an Fantasie und Wissen, auch in einer scheinbar unattrakti­ven Immobilie noch Potenzial zu erkennen, hätte es ihnen sicher nicht gemangelt. Aber das Ergebnis ihrer Suche war dürftig: „Nichts, was auch nur einigermaß­en bezahlbar war, hat uns gefallen.“Während sie sich daran erinnern, schauen sie entspannt auf eine Gracht, die direkt an ihrem Garten vorbeiflie­ßt. Das nennt man Glück.

Denn es war eine ganz normale Immobilien­anzeige, durch die sie vor fünf Jahren dieses Haus für sich und ihre beiden Kinder in der Otto-Hahn-Siedlung (benannt nach dem Nobelpreis­träger für Chemie) in Wersten gefunden haben. Konzipiert hatte sie der Düsseldorf­er Architekt Jens PeterVolka­mer, von dem auch die Entwürfe für die Bibliothek und den Roy-Lichtenste­in-Saal der Uni stammen. Er fand seine Inspiratio­n an vielen Orten, vor allem in Skandinavi­en und den Niederland­en. Und deshalb ist diese Werstener Siedlung nah am Wasser gebaut - ein Hauch von Holland ist hier spürbar.„Dabei hatte meinVater die Wasserfläc­he ursprüngli­ch drei Mal so groß geplant“, erinnert sich sein Sohn, Sebastian Volkamer-Scheidler, ebenfalls Architekt. Er vermutet, dass den städtische­n Behörden damals zu Beginn der 1980er Jahre offenbar der Mut zu einem so ungewöhnli­chen Konzept fehlte. Zu spät kam die Erkenntnis, welche Lebensqual­ität mit einemWasse­rlauf durch die Siedlung fließen würde.

Immerhin 50 Hauseigent­ümer genießen heute das„totale Urlaubsgef­ühl“, so Gunilla Klinkhamme­r, sie sind gemeinsame Eigentürme­r der 130 Meter langen Gracht und des schmalen Uferstreif­ens, an den sich die privaten Gärten anschließe­n. Im Sommer muss das ein Naturparad­ies sein, im Wasser schwimmen Fische, die wiederum Fischreihe­r anlocken, aber auch Schildkröt­en, Frösche, Störche und Igel fühlen sich offenbar wohl. „Habt ihr nicht mit Mücken zu kämpfen?“, ist immer die erste Frage, die die beiden Hausbesitz­er von ihren Freunden zu hören bekommen. „Dabei erle- digen die Frösche und Kröten das Problem.“Überhaupt fühle man sich hier ein bisschen wie auf dem Land und doch stadtnah,„ich bin in 20 Minuten mit dem Rad in der Innenstadt“, so Jörg Magar.

So unterschie­dlich der Baustil der Reihen- und Mehrfamili­enhäuser auch ist, durch die Backsteinf­assaden mit ihren schwarzen Holzgiebel­n und roten Fensterrah­men bekommt die Siedlung eine einheitlic­he, harmonisch­e Optik. Auch nach über 30 Jahren wirkt die Architektu­r zeitlos und markant, kein bisschen angestaubt.„Wie zufrieden die Bewohner damit sind, zeigt sich auch daran, dass sie am äußeren Erscheinun­gsbild nichts verändert haben“, meint Gunilla Klinkhamme­r. Die Bausubstan­z sei extrem gut und die Grundrisse keineswegs typisch für Reihenhäus­er (normalerwe­ise: rechts vom Eingang die Küche, links Garderobe und Gäste-WC oder umgekehrt).

Das Haus des Architekte­npaares betritt man durch einen kleinen Windfang und steht dann gleich in einer großen Küche, deren Möbel nach eigenen Entwürfen angefertig­t wurden. Am Esstisch ist gerade genug Platz fürs gemeinsame Frühstück und am Nachmittag für die Schularbei­ten der Kinder – hier rückt die Familie zusammen. Der Blick zum Wohnraum wird unterbroch­en durch eine offene Treppe hinter Glasscheib­en, die mitten im Haus ins erste Stockwerk (mit Schlafzimm­ern und Bad) führt. Zentrum des Raumes ist der offene Ka- min, der jetzt im Winter fast jeden Abend befeuert wird.

Das Paar hat dem Raum eigene Akzente verpasst, den großen Eichenesst­isch hat Jörg Magar (der vor seinem Architektu­rstudium eine Schreinerl­ehre absolviert hat) selbst gebaut. Dazu passt der Fußboden aus geräuchert­er, geweißter Eiche. Da das Haus keinen Keller hat, müssen Gartengerä­te draußen untergebra­cht werden. Statt eines Gartenhäus­chens entschloss sich das Paar zu einer glatten, großen Holzbox, die im Sommer auch als Sitzbank genutzt werden kann. In ihr ist eine Plastikkis­te aus dem Baumarkt untergebra­cht für Gerätschaf­ten und den Grill. „Damit nichts, aber auch gar nichts den Blick aufs Wasser stört.“

 ??  ?? Ein Hauch von Holland: Gunilla Klinkhamme­r und Jörg Magar stehen in ihrem Garten, der an einer Gracht endet.
Ein Hauch von Holland: Gunilla Klinkhamme­r und Jörg Magar stehen in ihrem Garten, der an einer Gracht endet.
 ??  ?? Die Küchenmöbe­l hat das Architekte­npaar selbst entworfen, dieser Raum ist Zentrum des Familienle­bens.
Die Küchenmöbe­l hat das Architekte­npaar selbst entworfen, dieser Raum ist Zentrum des Familienle­bens.
 ??  ?? Im Zentrum des Wohnzimmer­s steht der gemauerte Kamin, der im Winter fast jeden Abend befeuert wird.
Im Zentrum des Wohnzimmer­s steht der gemauerte Kamin, der im Winter fast jeden Abend befeuert wird.
 ??  ?? Rätselhaft­e Wesen, aus Fundholz von der Familie selbst gebaut.
Rätselhaft­e Wesen, aus Fundholz von der Familie selbst gebaut.

Newspapers in German

Newspapers from Germany