Studie fordert hohe Zuwanderung
260.000 Personen pro Jahr würden benötigt, die meisten davon aus Nicht-EU-Staaten.
GÜTERSLOH (dpa) Ärztemangel, Pflegenotstand, fehlende Fachkräfte im Handwerk, Tausende Landwirte vor der Rente: Der deutsche Arbeitsmarkt braucht einer Studie zufolge mittel- und langfristig Jahr für Jahr mindestens 260.000 Zuwanderer. In einer alternden Gesellschaft werde das Angebot an Arbeitskräften ohne Migration bis zum Jahr 2060 um rund 16 Millionen Personen – also um fast ein Drittel – schrumpfen. Das prognostiziert eine Untersuchung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung, die am Dienstag in Gütersloh veröffentlicht wurde.
Die Einwanderung aus anderen EU-Ländern werde künftig abnehmen, nimmt die Studie an. Der Grund: In Europa dürften sich allmählich Wirtschaftskraft und Le- bensqualität angleichen, und damit werde der Reiz sinken, zur Arbeit nach Deutschland zu kommen. Folglich werde die Bedeutung einer Zuwanderung aus außereuropäischen Drittstaaten wachsen, meinen die Studienautoren des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung sowie der Hochschule Coburg.
Im Jahresdurchschnitt halten sie 114.000 Zugänge aus dem EU-Ausland und 146.000 aus Drittstaaten für nötig, um den demografiebedingten Rückgang des Arbeitskräfte-Angebots auf ein „für die Wirtschaft verträgliches Maß“zu begrenzen. Dabei gelte: In dem Maße, in dem der Zuzug aus der EU abnehmen werde, wachse der Bedarf an Immigranten aus Drittstaaten. Bis 2035 brauche der deutsche Arbeitsmarkt jährlich 98.000, zwischen 2036 und 2050 nahezu 170.000 und zwischen 2051 und 2060 dann 200.000 Zuwanderer aus Nicht-EU-Ländern. Im Schnitt mache das also 146.000 Migranten aus Drittstaaten pro Jahr von 2018 bis 2060.
Bis heute arbeiten Zuwanderer vergleichsweise häufig als Helfer, seltener als Fachkraft und kaum als Spezialist oder Experte, wie die Studie feststellt. So seien von 60.000 Personen, die 2017 aus Nicht-EU-Ländern zur Arbeit einreisten, 23.000 ohne eine Berufsausbildung gewesen. „Hinsichtlich der Qualifikation der Migranten wäre also noch einiges zu leisten“, schreiben die Autoren der Studie.
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