Thyssen veralbert seine Mitarbeiter
Der Konzern steht vor der Aufspaltung - und informiert darüber in einer Fake-Kneipe.
Auf dem Firmengelände von Thyssenkrupp steht seit Neuestem eine nachgebaute Kneipe. Holz und Butzenscheiben sollen an die typische Ruhrgebiets-Pinte erinnern. In dieser Umgebung will Vorstandschef Guido Kerkhoff seinen 160.000 Leuten verdeutlichen, was in den nächsten Monaten durch die Aufspaltung auf sie zukommt. Welch ein infamer Schachzug der Kommunikationsabteilung! Eine Botschaft, die das Leben der meisten Thyssenkrupp-Beschäftigten entscheidend verändert und ihre Zukunft erneut aufs Spiel setzt, in diesem unangemessenen Rahmen zu verkünden. Damit veralbert Kerkhoff nicht nur seine Beschäftigten – er wird der Sache auch nicht im mindesten gerecht.
Schließlich geht es um die Zerteilung eines Traditionskonzerns. Sie ist heute notwendig, weil Manager - größtenteils aus Großmannssucht - jahrelang die falschen Entscheidungen trafen. Das geschah im Großen - wie beim von Anfang an zum Scheitern verurteilten Bau zweier Stahlwerke in Amerika, um in der „Weltliga der Stahlkonzerne“mitspielen zu können. Aber auch im Kleinen – zuletzt etwa durch die millionenteure Entscheidung, intern eine Matrix-Organisation einzuführen. Die jetzt schon wieder rückabgewickelt werden muss. Anstatt jetzt den Eindruck zu erwecken, bei der Teilung von Thyssenkrupp in zwei Hälften handele sich um ein Thema, das mal eben am Tresen abgehandelt werden kann, würde den heutigen Entscheidungsträgern Demut gut anstehen.
Die ist nicht erkennbar. Kommunikationschef Alexander Wilke hatte jüngst sogar die Chuzpe, sich vom prmagazin, einem Fachblatt für Pressesprecher, in Szene setzen zu lassen. Im Hintergrund ist diesmal der Glaspalast der Konzernzentrale zu sehen. Und nicht etwa eine Kneipe.
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