245 Millionen Euro für sozialen Wohnungsbau zweckentfremdet
Ein Bericht der Regierung zeigt: Die Länder setzen Bundesmittel falsch ein. Bei 125 Millionen Euro ist die Verwendung ungeklärt.
BERLIN Die Bundesländer werden von 2020 verfassungsrechtlich verpflichtet, zusätzlich zu den Fördermitteln des Bundes eigenes Geld in den Neubau von Sozialwohnungen zu stecken. Das ist bisher in vielen Ländern nicht der Fall, wie ein Bericht der Bundesregierung an den Bundestag über die Verwendung der Wohnungsbaufördermittel zeigt. Zudem soll die 2016 eingeführte Zweckbindung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau in den Bundesländern erhalten bleiben. Die Länder hatten in den Verhandlungen zunächst versucht, die Zweckbindung wieder loszuwerden.
Auf diese Neuregelungen wollten sich Bund und Länder im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat am Mittwochabend einigen, hieß es am Dienstag in Berliner Koalitionskreisen. Angestrebt werde anschließend eine weitere Verwaltungsvereinbarung oder gesetzliche Regelung über dieVerwendung der Bundesmittel, hieß es. Danach sollen Bundesmittel, die einzelne Länder in einem Jahr nicht zweckgerecht für Sozialwohnungen verwenden konnten, an andere Länder umverteilt werden.
Der soziale Wohnungsbau ist im föderalen System Länderaufgabe. Nötig werden die Verfassungsänderungen, weil die Bund-Länder-Finanzströme von 2020 an auf eine neue verfassungsrechtliche Grundlage gestellt werden müssen. Bis 2019 zahlt der Bund den Ländern zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus jährlich 1,5 Milliarden Euro an sogenannten Entflech- tungsmitteln. Diese werden ab 2020 abgeschafft. Ab dann fließt das Geld des Bundes in Form einer Finanzhilfe. Sie soll pro Jahr eine Milliarde Euro betragen. Weitere 500 Millionen Euro jährlich hat der Bund den Ländern durch eine Neuverteilung der Umsatzsteuereinnahmen ab 2020 zugestanden.
Wie aus dem Bericht der Bundesregierung vom August hervorgeht, hatten die Länder 245 Millionen Euro des Bundes, die 2017 für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen waren, nicht für den Neubau oder die Bestandssicherung von Sozialwohnungen verwendet, sondern für andere Zwecke. DieVerwendung weiterer 125 Millionen Euro klassifizierte die Bundesregierung als ungeklärt. Insgesamt kam sie damit auf 370 Millionen Euro an Bundesmitteln für den sozialenWohnungsbau, die 2017 von den Ländern zweckfremd verwendet wurden – oder ein Viertel der gesamten Fördersumme von 1,5 Milliarden Euro.
In Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Hols- tein ging die Neubauförderung von Sozialwohnungen 2017 imVergleich zumVorjahr zurück, wie der Bericht der Bundesregierung zeigt. „Insgesamt konnte durch die gegenüber dem Vorjahr um fast 50 Prozent aufgestockten Kompensationsmittel des Bundes keine entsprechende Steigerung der Förderung des Sozialwohnungsneubaus erzielt werden“, schrieb die Regierung. Die Länder hätten das schlechte Förderergebnis mit steigenden Baukosten und Mieten im freifinanzierten Bereich begründet.