SPD macht beim Klimaschutz Druck auf die Union
Fraktionsvize Miersch verlangt konkrete Zusagen und Gesetze 2019. Ansonsten müsse von einem Bruch des Koalitionsvertrags ausgegangen werden.
BERLIN Sollte die Union das Klimaschutzgesetz von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) torpedieren, könnte das den Fortbestand der großen Koalition gefährden. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch, der für Umweltpolitik zuständig ist, forderte von CDU und CSU einen „Herbst der Entscheidungen“, an dessen Ende die Verabschiedung des Gesetzes stehen müsse.
Die Union müsse bei der Umsetzung des Kohleausstiegs, dem schnelleren Ökostrom-Ausbau, gesetzlichen Treibhausgas-Reduktionszielen für einzelne Bereiche wie Verkehr und Gebäude sowie bei konkreten Maßnahmen liefern. Wenn die Union dazu nicht bereit sei, wäre das ein „massiver Bruch des Koalitionsvertrags“, sagte Miersch. Die Debatte um eine CO2-Bepreisung bezeichnete er hingegen als „Nebelkerze“, da ein solches marktwirtschaftliches Instrument nur ein Mosaikstein, aber kein Allheilmittel auf demWeg zu weniger Emissionen sein könne.Wer Menschen über den Preis zwingen wolle, etwa ihre Heizung auszutauschen, ohne soziale Komponenten zu berücksichtigen, werde „Schiffbruch erleiden“.
Schulze war mit ihrem Entwurf eines Klimaschutzgesetzes direkt nach der für die SPD desaströsen Europawahl vorgeprescht und hatte ihn ohne Rücksprache mit der Union in die Ressortabstimmung gegeben. Miersch sagte, spätestens im Oktober müsse das Gesetz ins Kabinett, damit der Bundestag sich noch rechtzeitig für eine Verabschiedung in diesem Jahr damit befassen könne. Mit dem Klimaschutzgesetz soll sichergestellt werden, dass Deutschland bis 2030 sein international verbindliches Ziel erreicht, den Ausstoß von Treibhausgasen gegenüber 1990 um mindestens 55 Prozent zu senken. Bisherige Maßnahmen genügen dafür nicht.
Doch in der Union regt sich Widerstand. Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) hatte Schulze vorgeworfen, sich als Superministerin aufzustellen und anderen Ressortchefs Vorgaben zu machen. Er verwies auf nötige Technologiesprünge, um den Klimaschutz voranzutreiben. Andere Unionsvertreter sprachen von „Planwirtschaft“.
Unterdessen sammelt die kommissarische SPD-Führung um Manuela Schwesig, Malu Dreyer und Thorsten Schäfer-GümbelVorschläge aus den Gliederungen der Partei ein, wie die neue Parteiführung gewählt werden soll. Doppelspitze, Urwahl oder Parteitag vom Dezember vorziehen? An diesem Mittwoch endet dafür eine Frist, am 24. Juni soll entschieden werden. In der mächtigen NRW-SPD ist die Doppelspitze umstritten. Zudem wollen mehrere Genossen um den früheren Landeschef Michael Groschek verhindern, dass es zu einem Linksruck in der SPD kommt. Ihre Gruppierung stößt aber auf Kritik. „Statt uns jetzt in Gruppen mit überheblichen Namen wie die ,wahre SPD’ zu zersplittern, sollten wir uns solidarisch mit der Troika im Vorstand zeigen“, sagte Axel Schäfer, Abgeordneter aus dem Ruhrgebiet. Er plädierte für eine Doppelspitze „mit einem einzigen Vorstandsbüro im WillyBrandt-Haus“.