Was Friedrich Merz und Jochen Ott vereint
Bei einer Buchpräsentation entdecken die beiden Politiker erstaunlich viele Gemeinsamkeiten.
KÖLN Friedrich Merz hält ein schmales grünes Buch in der Hand. Oben ragen bunte Lesezeichen heraus, er hat es offenbar gründlich studiert. Das ist für einen Konservativen wie ihn nicht selbstverständlich, denn es trägt den Titel: „Mehr Politik wagen – wie wir die Demokratie vor dem Kapitalismus retten“. Noch dazu hat es ein SPD-Politiker geschrieben, der Kölner Jochen Ott. Dennoch muss Merz nicht lange suchen, bis er Gemeinsamkeiten findet: Sie beide seien besorgt über den Niedergang der deutschenVolksparteien und den zunehmenden Unwillen vieler Menschen, sich politisch zu engagieren.
Es ist eine wundersame Annäherung zweier Politiker, die gegensätzlicher kaum sein könnten. Hier der sozialdemokratische Kommunalund Landespolitiker, dessen Partei dafür eintritt, eine staatliche Wohnungsgesellschaft wiedereinzuführen. Dort der wirtschaftsliberale CDU-Mann und Multi-Aufsichtsrat, der gern in globalen Zusammenhängen denkt.Vor rund zehn Jahren war es, da schrieb Merz ein Buch mit einem ähnlichen Titel. Es hieß allerdings: „Mehr Kapitalismus wagen“.
Es handele sich um die Streitschrift eines engagierten Sozialdemokraten mit einer klaren Meinung, lobt Merz, deshalb stelle er Otts Buch hier vor. Dessen Gedanken zur Politik von unten, gegen Volksplebiszite, zur Ignoranz der Medien wie auch zum Primat der Politik gegenüber der Wirtschaft teile er durchaus: „Da finden Sie mich an Ihrer Seite“, so Merz.
An Otts Seite sitzt Merz auch im Aufsichtsrat des Flughafens Köln/ Bonn. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) machte Merz vor eineinhalb Jahren zum Chefkontrolleur der Landesbeteiligung. Ott sei anfangs einer seiner heftigsten Gegner gewesen, erinnert sich Merz. „Ich dachte, mit dem Ott wirst du deine Freude haben“. Doch davon könne keine Rede mehr sein: „Wir haben uns zusammengerauft und ein Klima guter Zusammenarbeit geschaffen“, zeigt sich Merz zufrieden und gibt seinem Aufsichtsratskollegen noch etwas mit auf den Weg: Ott überschätze die Fähigkeiten des Staates als Unternehmer.
Der hält dagegen: Wie gut Unternehmen liefen, sei eine Frage der Qualität des Führungspersonals. Auch Private hätten da ihre Schwächen. Dem kann Merz kaum widersprechen: Entscheidend sei aber, wo die Grenze staatlichen Einflusses auf die Wirtschaft gezogen werde, ergänzt er. „Da sind wir unterschiedlicher Meinung.“Und nach so viel Konsens unter Aufsichtsräten und politischen Gegnern hat diese Aussage fast etwas Beruhigendes.