Die große Hitze
Die extreme Dürre gefährdet die Waldbestände. Die Agrarministerin fordert mehr Geld für Wiederaufforstung und Klimaschutz. Donnerstag soll die Hitzewelle ihren Höhepunkt erreichen.
BERLIN Umweltschützer und Waldbesitzer schlagen Alarm: Hitze, Dürre, Stürme, Brände und Schädlinge gefährden zunehmend die deutschen Waldbestände. „Die Rettung der Wälder ist ein Wettlauf mit der Zeit“, sagte der Vorsitzende der Naturschutzorganisation BUND, Hubert Weiger. Das „Waldsterben 2.0“schreite wegen der Klimakrise rasant voran. Gefährdet seien vor allem Fichten- und Kiefernwälder, aber auch die Buche leide. „Es handelt sich um eine Jahrhundertkatastrophe für die Wälder in Deutschland“, erklärte auch die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft derWaldbesitzerverbände. Bleibt es nach dem Dürresommer 2018 auch in diesem Sommer über Wochen trocken, geht der ohnehin niedrigeWasserspeicher der Bäume zur Neige. Selbst Stadtbäume beginnen bereits ausWassermangel, grüne Blätter abzuwerfen.
BUND-Chef Weiger legte einen Zehn-Punkte-Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung des Waldsterbens vor. Nadelforste müssten in Mischwälder umgebaut, der Wildtierbestand reduziert und das Forstpersonal aufgestockt werden. Der Anteil der Naturwälder am Gesamtbestand müsse erhöht, Waldbesitzer dafür entschädigt werden.Wichtigster Punkt sei jedoch die Bekämpfung des Klimawandels durch Beschlüsse, die die Bundesregierung am 20. September fällen will.
Das Thermometer stieg Mittwochnachmittag vor allem im Westen und Südwesten auf 33 Grad und mehr. Den Hitzerekord brach mit 40,5 Grad die Stadt Geilenkirchen im Kreis Heinsberg. Es ist der höchste gemesseneWert seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) gab eine bundesweite Hitzewarnung heraus, die bis Donnerstagabend gilt. Die Ozon-Konzentration hat in NRW an zahlreichen Orten die erste Meldegrenze von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten. Am späten Nachmittag wurde die Grenze 13-mal überschritten, der Höchstwert mit 213 Mikrogramm wurde in Krefeld-Linn gemessen. Ihren Höhepunkt soll die Hitzewelle am Donnerstag erreichen. Am Freitag ebbt die Hitzewelle minimal ab mit Temperaturen zwischen 33 und 36 Grad. Am Wochenende soll sich Hoch „Yvonne“abschwächen.
Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) erhöhte ihren Druck auf SPD-Finanzminister Olaf Scholz, mehr Geld aus dem mit gut vier Milliarden Euro gefüllten Klimafonds der Bundesregierung für die Rettung und dasWiederaufforsten derWälder bereitzustellen. Klöckner hatte dafür unlängst 500 Millionen Euro gefordert. Die CDU-Politikerin sagte an die Adresse des SPD-geführten Finanzministeriums: „Wer es mit dem Klimaschutz und der Nachhaltigkeit ernst meint, muss jetzt bereit sein, öffentliches Geld in die Hand zu nehmen.“Dem Agrarministerium zufolge werden mehrere Millionen Bäume benötigt, um denVerlust von 110.000 Hektar Wald auszugleichen. Das Klimakabinett berate derzeit die von den Bundesressorts vorgelegten Maßnahmenvorschläge, so ein Sprecher des Finanzministeriums: „Eine Entscheidung über ein Waldförderprogramm liegt also noch nicht vor.“
Kritik an Klöckner kam aus der SPD. „Wenn Frau Klöckner jetzt mal wieder schnell Geld fordert, muss man darauf hinweisen, dass die Vorschläge ihres Hauses für wirkungsvollen Klimaschutz gegen Null gehen“, sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) erklärte, es sei wichtig, die verlorenen Wirtschaftswälder wieder aufzubauen. Beim Aufforsten komme es darauf an, Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. „Aus abgebrannten Fichtenwäldern sollten keine neuen Fichtenwälder werden, sondern gesunde, klimastabile und naturnahe Mischwälder.“(
mit dpa)