So heiß wie am Donnerstag war es noch nie – sowohl in NRW als auch bundesweit wurde der erst am Mittwoch aufgestellte Rekord von Geilenkirchen gebrochen. In Duisburg-Baerl wurden 41,2 Grad gemessen.
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VON JÖRG ISRINGHAUS
DÜSSELDORF Ein Hitzerekord jagt den nächsten. Zum ersten Mal seit Beginn der Wetteraufzeichnungen wurde am Donnerstag die 42-Grad-Marke geknackt: Lingen in Niedersachsen meldete um 17 Uhr nach vorläufigen Daten den Spitzenwert von 42,6 Grad. So heiß war es seit dem Jahr 1881 in Deutschland noch nie. Bislang hatte das unterfränkische Kitzingen den Spitzenplatz mit der 2015 gemessenen Höchstmarke von 40,3 Grad gehalten. Auch NRW hat einen neuen Topwert: Duisburg-Baerl und Tönisvorst waren am Donnerstag mit 41,2 Grad nach vorläufigen Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) die heißesten Orte im bevölkerungsreichsten Bundesland. Für Köln-Stammheim meldete der DWD 41,1 Grad.
Dass es in Deutschland überhaupt über mehrere Tage derart heiß werden kann, liegt an der derzeit stabilen Lage des Jetstreams, sagt DWD-Experte Thomas Gerwin. Diese Luftströmung transportiert heiße Luft aus Afrika nach Mitteleuropa. Ein Tiefdruckgebiet über der irischen See verhindert, dass der Jetstream seine Position verändert. Ungewöhnlich ist dabei laut Gerwin nicht die Dauer der Hitzewelle, sondern die Intensität. „Temperaturen um die 40 Grad über mehrere Tage sind schon extrem“, sagt Gerwin. Und ein Indiz dafür, dass es eben überall heißer geworden ist.
Am Freitag wird wohl nur noch stellenweise in NRW an der 40-Grad-Marke gekratzt. Der Samstag bringt dann eine Zweiteilung im Land: Bis zu 34 Grad im Nordosten und rund 28 bis 29 Grad im Rheinland. „Mit der kühleren Luft ziehen auch Schauer und Gewitter rein“, erklärt der DWD-Experte. Bereits am Donnerstag haben sich in der Eifel einzelne Unwetterzellen gebildet. Diese lokalen Gewitter hängen oft an Ort und Stelle fest und und können sehr heftig ausfallen. In der kommenden Woche sollen sich die Temperaturen wieder aufWerte von 22 bis 24 Grad einpendeln.
Die hohen Temperaturen haben auch andere Länder im Griff. In Paris wurde ein neuer Hitzerekord gemessen. Mit 42,6 Grad war es in der französischen Hauptstadt am Donnerstagmittag so heiß wie nie zuvor seit Beginn der Temperaturaufzeichnung, wie der Wetterdienst France Météo mitteilte. Und in den Niederlanden wurden erstmals seit 75 Jahren mehr als 40 Grad registriert.
Hannah Krawcow muss in ihrer Dachgeschosswohnung in Mönchengladbach nicht nur sich selbst, sondern auch die Kater Oscar und Henry so gut es geht herunterkühlen. „Den Katzen habe ich eine Auflaufform mit Wasser und Bällchen hingestellt, um sie zu motivieren, mit den Pfoten ins Wasser zu gehen. Bei Katzen ist das ja immer etwas schwierig“, sagt die 29-Jährige. Auf dem Boden hat sie nasse Handtücher ausgelegt. Eine extra angeschaffte Kühlmatte wird von den Katern ignoriert. Dafür reibt Hannah Krawcow die Stubentiger ab und an mit einem feuchten Waschlappen ab. Sich selbst versorgt sie mit kühlen Getränken und Duschen. „Außerdem läuft der Ventilator“, sagt sie. Und trotz verdunkelter Fenster herrschten abends noch 32,5 Grad. top/Foto: Bauch
Noch dieser eine Sommer in der Dachgeschosswohnung, dann zieht Julia Brockerhoff aus Straelen mit ihrem Freund zusammen in eine, wie sie hofft, wohl temperierte Wohnung. Doch noch ist es nicht so weit, und so wendet die 31-Jährige sämtliche Tricks an. „Ich schlafe mit nassen, kalten Umschlägen um Kopf und Handgelenke“, sagt sie. Außerdem legt sie morgens eine gefüllte Wärmflasche ins Tiefkühlfach, die sie abends mit ins Bett nimmt. In ihrer 46-Quadratmeter-Wohnung steht ein Ventilator, vor den sie nasse Handtücher hängt – die hängt sie auch vor die Fenster. Julia Brockerhoff ist im vierten Monat schwanger. „Die Hitze macht mir schon echt zu schaffen.“Diese Woche ist sie wegen Kreislaufproblemen schon zweimal umgekippt. hsr/Foto: Prümen
Rund 34 Grad sind es in der Dachgeschosswohnung von Ann-Karin Schwane in Duisburg. Mit dem mobilen Klimagerät schafft sie es, zumindest einen Raum auf 25 Grad herunterzukühlen. Für die 32-Jährige nicht ganz unwichtig, ist sie doch im achten Monat schwanger. „Ich leide etwas mehr als im vergangenen Jahr unter der Hitze“, sagt sie. Weil ihre Fensterfront nach Süden rausgeht, brennt den ganzen Tag die Sonne darauf und heizt die Räume auf. Als Gegenmaßnahme hat sie Folie an den Fenstern angebracht. „Das bringt vielleicht ein Grad weniger“, sagt sie, „also mehr was fürs Gefühl.“Auch schön: die Füße in eine mit kaltem Wasser gefüllte Badewanne zu stellen. jis/Foto: Reichwein
Seit Tagen schon ist es in der Essener Dachgeschosswohnung von Alica Teske sehr warm und extrem stickig. Weil kaum Wind wehe, würde auch das Lüften nichts bringen, sagt die 31-Jährige. Besonders viele Tricks, die Räume abzukühlen, habe sie aber nicht ausgetestet. „Ich habe beispielsweise probiert, nasse Handtücher vor den Ventilator zu hängen“, erzählt sie. Gebracht habe es allerdings wenig. Besser sei es, die Arbeitszeiten so lange wie möglich auszudehnen – das Büro ist klimatisiert. Am Abend will ihr Freund aber trotzdem den Grill anwerfen. „Warum, weiß ich auch nicht“, sagt sie. Ist doch klar: Mit Hitze gegen Hitze. jis/Foto: Reichwein