„Grüß Gott aus Gao“
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer lässt sich per Videokonferenz zu Bundeswehreinsätzen schalten.
SCHWIELOWSEE Die Ministerin kommt mit dem Hubschrauber. Kurzstrecke aus Berlin. Einsatz in Geltow bei Potsdam, Gemeinde Schwielowsee, Besuch beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr. Gleich steht Annegret Kramp-Karrenbauer in Operationszentrale eins. Keine Fenster, nur künstliches Licht, klimatisiert, zwei schwere Türen mit Sicherheitsschleuse, an 365 Tagen durchgehend besetzt: „24/7“, wie Korvettenkapitän Mark Köppe der neuenVerteidigungsministerin den Rund-um-dieUhr-Dienst beschreibt.
Von hier aus koordiniert das Kommando mit insgesamt 1000 Soldatinnen und Soldaten alle Auslandseinsätze der Bundeswehr, „auf drei Kontinenten und zwei Weltmeeren“, wie Kramp-Karrenbauer später symbolisch über die Weltkarte geht.
Vor Kramp-Karrenbauer hängt am Kopfende des Saales ein riesiger Bildschirm, in fünf Felder unterteilt. Gao ist zugeschaltet, wo deutsche Soldaten unter anderem malische Militärs ausbilden. Erbil ist zugeschaltet, wo die Bundeswehr irakische Militärs trainiert und beim „Aufbau von Fähigkeiten“hilft. Masar-i-Scharif ist ebenfalls zugeschaltet, wo die Truppe in einer internationalen Allianz afghanische Streitkräfte unterstützt. Rukla in Litauen ist auch noch zugeschaltet, wo die Bundeswehr gerade einen Nato-Kampfverband führt, mit dem das Bündnis Russland von möglichen Aggressionen im Baltikum abschrecken will. Und schließlich ist natürlich auch Kramp-Karrenbauer geschaltet – in diese vier Einsatzländer.
Das Einsatzführungskommando versteht sich „als Scharnier zwischen den Einsätzen und Deutschland“, wie es Oberstleutnant Robert Habermann ausdrückt. „Wenn wir gut arbeiten, quietscht dieses Scharnier nicht.“Manchmal quietscht es sehr, etwa bei Unfällen oder Anschlägen gegen westliche Truppen, darunter die Bundeswehr.
Die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt Kramp-Karrenbauer wird zuerst mit Gao in Mali verbunden. Sie fragt: „Sie können mich hören?“Auf dem leicht verzerrten Bild aus dem Kommandostand in Mali sind fünf Soldaten zu sehen, die auf diese Frage alle die Hand heben – als Zeichen: Jawohl, wir haben verstanden! Kramp-Karrenbauer bittet dann auch um ein Wort zur Begrüßung. „Grüß Gott aus Gao“, sagt der Kommandeur etwas sparsam mit bayerischem Akzent. Was es denn zu berichten gebe, will Kramp-Karrenbauer hören. Der Kommandeur verliest ein vorbereitetes Lagebild. Vor zwei Tagen erst hätten sie in Mali einen Selbstmordattentäter gerade noch dingfest machen können. Die Zusammenarbeit mit den malischen Streitkräften erfordere „Flexibilität“. „Für viele von uns ist das eine neue Lebenserfahrung.“Die Ministerin hofft, dass man sich bald vor Ort sieht.
Kramp-Karrenbauer lässt sich von Gao weiter nach Erbil schalten, wo die Bundeswehr im Norden Iraks auch kurdische Peschmerga ausbildet. Sie ist gerade den zweiten Tag als Verteidigungsministerin vereidigt. Ihren ersten Auslandstruppenbesuch will sie Mitte August antreten: nach Jordanien und in den Irak. Kramp-Karrenbauer will sich dort ein Bild von der Lage im Irak machen, bevor der Bundestag über eine Mandatsverlängerung entscheidet. Gut für Kramp-Karrenbauer, dass Außenminister Heiko Maas schon
„Wenn wir gut arbeiten, quietscht dieses Scharnier nicht“Robert Habermann
Oberstleutnant
die Spur gelegt hat: zum Ärger eines Teils der SPD in Richtung einer Mandatsverlängerung. Der Kommandeur in Gao wünscht sich von der neuen Ministerin nur eines: „Klarheit über das Mandat“. Es läuft am 31. Oktober aus. Kramp-Karrenbauer nimmt denWunsch auf.„Zurzeit, und da stimme ich der Einschätzung des Außenministers Heiko Maas ausdrücklich zu, zurzeit sehen wir, dass unser Beitrag dort in der Region als absolut notwendig gesehen wird.“Die entscheidende Frage einer Mandatsverlängerung:Wie weit sei es gelungen, den Terror des Islamischen Staates zurückzudrängen – auch über einen längeren Zeitraum?
Vielleicht kommt auf Kramp-Karrenbauer bald ein weiterer Auslandeinsatz zu: eine europäische Seeschutzmission am Persischen Golf, angeschoben von den Briten, die trotz Brexit-Votum hier die EU einspannen wollen. Kramp-Karrenbauer hält sich zurück: „Nein, es gibt keine konkreten Anfragen nach militärischen Leistungen Deutschlands. Im Moment gibt es auch noch kein klares Bild, was mit einer europäischen Mission gemeint sein könnte.“Jetzt sei erst einmal „die Stunde der Diplomatie und nicht um konkrete militärische Leistun