Rheinische Post Mettmann

Bahn modernisie­rt Netz für 86 Milliarden Euro

Der Investitio­nsbedarf der Bahn ist riesig. Bund und Konzern haben sich auf hohe Summen geeinigt. Kritiker halten das für zu wenig.

- VON JAN DREBES UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die Infrastruk­tur der Bahn soll in den kommenden zehn Jahren für insgesamt 86 Milliarden Euro modernisie­rt werden. Das sieht eine neue Leistungs- und Finanzieru­ngsvereinb­arung zwischen dem Bund als Eigentümer und der Bahn vor, wie Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) am Freitag mitteilte. Von 2020 bis 2024 sollen im Durchschni­tt 7,9 Milliarden Euro pro Jahr ausgegeben werden, von 2025 bis 2029 dann durchschni­ttlich 9,2 Milliarden.

Das ist erheblich mehr Geld als bisher. Der Bund trägt laut Scheuer von den Gesamtmitt­eln 62 Milliarden Euro, also 6,2 Milliarden Euro pro Jahr. Dies sei eine Steigerung gegenüber der bisherigen Vereinbaru­ng um 59 Prozent. Hinzu kämen Eigenmitte­l der Bahn in Höhe von 24,2 Milliarden Euro. Der Vertragsen­twurf werde nun fertiggest­ellt. Der Verkehrs- und der Haushaltsa­usschuss des Bundestage­s müssen derVereinb­arung dann zustimmen.

Führende Politiker von SPD und Grünen kritisiere­n die Gesamtsumm­e von 86 Milliarden Euro als zu niedrig. „Bei aller Freude über so viele Milliarden müssen wir feststelle­n: Die Summe ist zu gering, um den enormen Modernisie­rungsbedar­f bei Schienen, Brücken und Bahnhöfen zu decken“, sagte SPD-Verkehrspo­litiker Martin Burkert. „Es hätten 100 Milliarden Euro sein müssen, denn es fehlen pro Jahr 1,5 Milliarden Euro“, kritisiert­e er. In der Vereinbaru­ng seien jährliche Baukostens­teigerunge­n von vier Prozent nicht berücksich­tigt.

Außerdem machten sich bei Finanzpoli­tikern Zweifel an der Zusammense­tzung der Summe breit. Der SPD-Haushaltse­xperte Johannes Kahrs sagte mit Blick auf das Gesamtvolu­men, diese Summe könne sich nur durch das „abenteuerl­iche Hinzurechn­en von Sonderprog­rammen“ergeben. SPD-Fraktionsv­ize Matthias Miersch kritisiert­e: „In der Summe ist der Klimaschut­z noch gar nicht drin. Wenn die Regierung im September ihr Klimaschut­zpaket beschließt, muss es ein weiteres großes Investitio­nsprogramm für den Schienenwe­geausbau und die Senkung der Bahnpreise enthalten.“

Auch die Grünen übten massive Kritik an den Plänen. „Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer feiert sich immer mit großen Investitio­nssummen über lange Zeiträume, die bei genauer Betrachtun­g zusammensc­hmelzen wie Eis in der Sommerhitz­e. Hauptsache, es klingt nach viel“, sagte Grünen-Fraktionsv­ize Oliver Krischer. Wie hoch der tatsächlic­he Investitio­nsbedarf sei und wo das Geld genau herkommen solle, sei völlig unklar. Im Haushaltse­ntwurf 2020 reduziere die Bundesregi­erung die Mittel für die Bahn sogar. „Das zeigt, wie folgenlos die Ankündigun­gen von Scheuer sind, wenn es beim Haushalt konkret wird“, kritisiert­e Krischer.

Unionsfrak­tionsvize Ulrich Lange (CSU) begrüßte dagegen die Vereinbaru­ng und stellte einen raschen Bundestags­beschluss in Aussicht. „Mit einem modernisie­rten Schienensy­stem und sanierten Brücken wird die Pünktlichk­eit im Gesamtnetz erhöht“, sagte Lange. Nicht nur Geld spiele eine Rolle, sondern auch Planungsze­iten und Baukapazit­äten. „Darum ist es auch positiv, dass die Laufzeit der Vereinbaru­ng erstmals zehn Jahre beträgt“, sagte er. Damit bestehe für Bahn und Bauunterne­hmen mehr Planungssi­cherheit. „Wir werden die Vereinbaru­ng im Bundestag zügig zum Abschluss bringen“, sagte Lange zu. Leitartike­l, Wirtschaft

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