Helfer: 62 Tote nach Bootsdrama vor Libyen
Im Mittelmeer kommt es erneut zu einer Tragödie. Seit Jahresbeginn starben dort bereits 748 Menschen.
BERLIN (dpa/epd) Bei dem neuen Bootsdrama vor der Küste Libyens sind nach Angaben der Hilfsorganisation Roter Halbmond 62 Menschen ums Leben gekommen. „Unsere Teams haben 62 Leichen von Migranten geborgen“, teilte die Hilfsorganisation am Freitag mit. Laut Ärzte ohne Grenzen (MSF) hätten Überlebende zudem ausgesagt, sie seien Teil einer Gruppe von 300 Menschen gewesen. Insgesamt sei die Lage vor Ort jedoch bisher sehr unklar. Nach dem womöglich schwersten Bootsunglück im Mittelmeer in diesem Jahr werden nach Angaben der libyschen Küstenwache 115 Migranten vermisst. 135 Menschen wurden MSF zufolge gerettet und in den Hafen der Stadt Al Chums gebracht. Sie hätten unter Sauerstoffmangel und Unterkühlung gelitten, weil sie lange Zeit im Wasser gewesen seien, sagte der MSF-Geschäftsführer in Deutschland, Florian Westphal. Unklar ist bislang, ob ein oder zwei Boote gekentert sind.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR kritisierte die Unterbringung einiger Geretteter in libyschen Internierungslagern scharf. Die Lager seien „die Hölle auf Erden“, in der täglich Menschenrechtsverletzungen stattfänden, sagte Chris Melzer, Sprecher des UNHCR in Deutschland.
Frauen und Männer würden vergewaltigt und misshandelt. Auch Kinder erlebten Misshandlungen in den häufig von bewaffneten Milizen betriebenen Camps. „Das sind keine Zustände, die man irgendeinem Menschen angedeihen lassen will, erst recht keinem Schiffbrüchigen“, sagte Melzer. Libyen sei ein Bürgerkriegsland und an sich schon nicht sicher. „Es ist, als wenn man Menschen aus einem brennenden Haus rettet und dann in anderes brennendes Haus zurückbringt.“
In diesem Jahr sind nach UN-Angaben 36.670 Flüchtlinge und Migranten über das Mittelmeer nach Europa gekommen, rund 35 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. 686 Menschen starben zwischen Jahresanfang und dem 24. Juli bei der Überfahrt, wie die Internationale Organisation für Migration am Freitag mitteilte. Die meisten Migranten kamen in Griechenland (17.991) und Spanien (12.443) an.