Ungekrönte Könige
Lionel Messi gilt vielen als der beste Fußballer der Gegenwart. Doch soviel er mit dem FC Barcelona erreicht, mit dem Nationalteam fehlt ihm ein großer Titel. Es ist ein Schicksal, das er mit Ausnahmekönnern früherer Jahrzehnte teilt.
DÜSSELDORF Neulich hat Lionel Messi mit der argentinischen Nationalmannschaft mal wieder ein wichtiges Spiel verloren. Es war das Halbfinale der Südamerika-Meisterschaft, und Argentinien unterlag dort (ausgerechnet, wie es immer so schön heißt) dem alten Rivalen Brasilien mit 0:2. Messi leistete sich einen Platzverweis, und er schimpfte anschließend laut über Korruption. Aber das ist eine andere Geschichte.
Die naheliegende erzählen nach solchen Nationalmannschafts-Erlebnissen die besonders kritischen Wegbegleiter des Spielers, von denen es in seiner Heimat besonders viele gibt. Sie sprechen dann regelmäßig von Messi, dem Unvollendeten. Und ihr Argument für die Einsortierung ins Fach unvollendet ist die Tatsache, dass der Argentinier mit der Nationalmannschaft noch keinen großen Titel gewonnen hat. Das ist allerdings ein seltsamer Maßstab für Größe. Die hat der kleine Mann mit den ungeheuerlichen fußballerischen Fähigkeiten im Ver
Man wird sich zweifellos an Messi erinnern, auch wenn kein Titel mit
der Nationalelf hinzukommen sollte
ein zur Genüge nachgewiesen. Er war schon dreimalWeltfußballer des Jahres, gewann viermal die Champions League mit dem FC Barcelona und führte Argentinien immerhin ins WM-Finale 2014. Man wird sich zweifellos an ihn erinnern, auch wenn kein Titel mit der Nationalelf hinzukommen sollte. Da steht er in einer Reihe mit anderen ungekrönten Königen des Fußballs.
Paolo Maldini zum Beispiel. Der spielte ein halbes Jahrhundert für den AC Mailand, so fühlt es sich jedenfalls an, erfand das Verteidiger-Spiel ganz neu, holte fünfmal die Champions-League-Trophäe und war einmal Vizeweltmeister. Darüber hinaus war er eine große, überall anerkannte Persönlichkeit.
Oder Just Fontaine, der in den 1950er Jahren für Frankreich stürmte. 13 Tore schoss er 1958 bei derWM in Schweden, sein Torschnitt in nur 21 Länderspielen lag bei dem fantastischen Wert von 1,4 Treffern. Da kommt selbst der große Gerd Müller nicht mit. Fontaine wurde fünfmal französischer Meister, mit Frankreich einmal WM-Dritter. Als Torjäger bleibt er unerreicht.
GeorgeWeah hatte es auf der Länderspielbühne besonders schwer. Liberia, sein Heimatland, brachte es nie zu einer konkurrenzfähigen Mannschaft. Und der hochbegabte Stürmer Weah konnte es nicht allein richten. Dennoch war es eine große Karriere, besonders beim AC Mailand. Sechs Meistertitel sammelte Weah ein, einmal wurde er zum Weltfußballer gewählt. Und außerhalb des Fußballs machte er vielleicht noch mehr Eindruck. Seit 1978 ist er Präsident Liberias.
Johan Cruyff nannten sie schon zu seinen aktiven Zeiten voller Ehrfurcht „König Johan“. Diesen Titel verdiente er sich als prägender Spieler der späten 1960er und der 1970er Jahre. Zehn Meistertitel (acht mit Ajax Amsterdam, je einen mit dem FC Barcelona und Feyenoord Rotterdam), drei Siege im Landesmeister-Cup (dem Vorläufer der Champions League) verbuchte er. Nur den Sieg im WM-Finale 1974 verpasste er – weil er mit seinen holländischen Kollegen die Deutschen mal so richtig vorführen wollte. Der Schuss ging nach hinten los. Aber ein König bleibt der Johan.
Eusebio war das Glanzstück einer tollen Mannschaft von Benfica Lissabon, mit der er elfmal Meister wurde. Die Nationalelf Portugals führte der torgefährliche Mann zum
dritten Platz bei der WM 1966. Und nicht nur, weil er 1965 zu Europas Fußballer des Jahres gewählt wurde, ist er einer der Großen in Europas Fußball-Geschichte.
Dieser Rang ist auch Ferenc Puskas sicher. Er war einer der großen Stars in der besten ungarischen Mannschaft aller Zeiten, die aus einer bitteren Laune des Sportschicksals die Krönung bei der Weltmeisterschaft 1954 verpasste, weil die deutsche Mannschaft als krasser Außenseiter mit Glück und Geschick ihr Wunder von Bern bewerkstelligte. Puskas hielt sich als fußballerischer Gastarbeiter bei Real Madrid schadlos. Das berühmte weiße Ballett schoss er zu drei Titeln im Europapokal der Landesmeister und sechs spanischen Meisterschaften.
Raùl war schon lange Weltstar, als er die Bundesliga bei Schalke 04 von 2010 bis 2012 um Kostproben seines unnachahmlichen Ballgefühls und seiner Kunstwerke von Toren bereicherte. Mit Real Madrid hatte er vorher dreimal die Champions League und sechsmal den nationalen Titel gewonnen. Nur mit der Nationalmannschaft war kein Staat zu machen. Raùl kam ein paar Jahre zu früh zur Welt.
Zico nannten sie in Brasilien voller Ehrfurcht den„weißen Pelé“. Er war ein Mittelfeldspieler aus dem Bilderbuch, begnadet am Ball, strategisch begabt, ein Anführer und ein gefährlicher Torschütze. Er war der Beste seiner Zeit, unterstrichen durch dieWahl zumWeltfußballer 1983. In Brasilien wurde er viermal Meister und gewann einmal die Copa Libertadores (Südamerikas Champions League). Mit der Nationalelf gab es lediglich Platz drei bei der WM 1978. Vier Jahre darauf scheiterte eine der besten brasilianischen Mannschaften aller Zeiten mit Zico und Socrates früh am zynischen Ergebnisfußball der Italiener. Die wurden später Weltmeister. Schön war es nicht. Das dachten nicht nur Zicos Fans.