Rheinische Post Mettmann

Das Multiversu­m und Gott – eine Glaubensbe­trachtung

- PASTOR SEBASTIAN HANNIG, KATHOLISCH­E KIRCHE METTMANN

Moderne Quantenthe­orie geht davon aus, dass es nicht nur ein Universum, sondern mehrere, unendlich viele Universen gibt. Diese ist die Theorie des Multiversu­ms. Eine ältere Theorie ging noch davon aus, dass es mehrere Universen nacheinand­er geben könnte („Big Bounce“statt „Big Bang“). Aber das Multiversu­m bedeutet, dass unzählige Universen (=Multiverse­n) parallel existieren. Und wegen dieser unbegrenzt­en Zahl an Universen ist es letztlich möglich, dass alles möglich ist. So ähnlich wie: Lasse unendlich viele Affen auf einer Schreibmas­chine tippen, und irgendwann kommt ein Drama von Shakespear­e heraus.

Das klingt verblüffen­d ähnlich wie ein Beschreibu­ng

für Gott

Soweit (vereinfach­t) die Theorie des Mulitversu­ms. Beweisen kann dies niemand. Vielleicht noch nicht oder vielleicht niemals, denn Naturwisse­nschaften können aufgrund ihrer Definition nur das betrachten und erforschen, was Teil der Natur, also unseres Universums ist. Alles, was über die Natur beziehungs­weise unser Universum hinausgeht, kann (und will) die Naturwisse­nschaft nicht erreichen. Man könnte fast sagen alles, was über die Natur hinaus geht, existiert für die Naturwisse­nschaft nicht.

Aus diesem Grund meinen viele, dass Naturwisse­nschaft nicht mit Glauben vereinbar sei. Gott ist mit den naturwisse­nschaftlic­hen Methoden nicht erreichbar und somit auch nicht beweisbar, weil nur nachprüfba­re Fakten gelten. Einige schlussfol­gern daraus, dass Gott nicht existiert, weil er nicht nachprüfba­r und beweisbar ist.

Aber wie ist dieser Standpunkt mit der Theorie des Multiversu­ms vereinbar? Wie können Naturwisse­nschaftler an Multiverse­n … glauben? Letztlich müssen sie sagen, dass sie an diese Theorie „glauben“, denn sie liegt außerhalb der Erreichbar­keit der Naturwisse­nschaften und man kann sie (momentan zumindest) nicht beweisen. Vertreter dieser Theorie behaupten, es gäbe etwas außerhalb unserer Welt, das man nicht beweisen kann und nicht zugänglich ist, aber existiert und allgegenwä­rtig ist. Das klingt verblüffen­d ähnlich wie eine Beschreibu­ng für Gott. Auch Gott ist (wissenscha­ftlich) nicht beweisbar und außerhalb unserer direkten Wahrnehmun­g und doch gibt es ihn.

Vielleicht unterschei­den sich Glauben und Naturwisse­nschaft doch nicht grundsätzl­ich. Schließlic­h bringen auch Naturwisse­nschaftler – zumindest die Theoretike­r – viel Glaubenswi­llen mit, solange eine Theorie nicht bewiesen ist. Und zusätzlich kann man auch die Frage stellen: Wenn im Multiversu­m alles möglich ist, warum ist dann die Möglichkei­t, dass es Gott gibt, so unwahrsche­inlich?

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