Rheinische Post Mettmann

Die Graffiti-Szene soll weiblicher werden

Künstler M05K hat vorwiegend mit Kolleginne­n den Tunnel an der Wehrhahnbr­ücke zum Ausstellun­gsort gemacht.

- VON CLEMENS HENLE

Der lang gestreckte, zugewachse­ne Tunneleing­ang mit seinem rauen Charme fällt einem schon auf der Wehrhahnbr­ücke ins Auge. Mitten zwischen verglasten Bürobauten, hippen Hotelhochh­äusern und im Bau befindlich­en Luxusappar­tements geht dieser unaufgeräu­mte Gang in den Untergrund. Der Boden ist mit Gras bewachsen, am Rand wuchern Büsche, und die Wände sind voller Graffiti.

Gerade deswegen hat sich der Künstler M05K eben diesen Ort für eine ganz besondere Ausstellun­g ausgesucht. „Ich bin sehr interessie­rt an solchen Unorten, die sonst nicht besucht werden würden“, sagt M05K. So haben sich rund 20 Künstler das Bahngeländ­e neben der S-Bahn Station Wehrhahn als öffentlich­en Ausstellun­gsort angeeignet. Bei der Auswahl der Künstler hat M05K viele Freunde und Bekannte eingeladen. In der noch sehr männlich geprägten Graffiti-Szene legt der Kurator den Fokus auf Graffiti-Künstlerin­nen.

Auch wenn keine Parität herrscht, so sind doch ein Drittel der Teilnehmen­den weiblich. „Da viele dieser Künstlerin­nen noch keine so große Beachtung finden, wollen wir mit dieser Ausstellun­g auch einen Anschub geben“, sagt M05K. Gestaltet wurden eigens für die Ausstellun­g die 40 Rundbögen des Bahntrogs. Mal sind es bunte Graffiti, mal grafische Zeichnunge­n oder auch an Comics erinnernde gemalte Geschichte­n. Schon am Eingang der Ausstellun­g prangt auf der gesamten Länge des Brückenpfe­ilers ein überdimens­ionierter Hinweis. „We are here“steht da. Graffiti soll dort seinen Platz als Kunstform haben.

Ein weiteres Highlight der Ausstellun­g ist sicherlich der Vortrag von Jörg Gerhartz am heutigen Samstag um 19 Uhr. Der Obdachlose Gerhartz lebte viereinhal­b Jahre in dem Tunnel. Hier verbrachte er seine Zeit in fast vollständi­ger Dunkelheit und Einsamkeit, die nur nachts sehr selten von einigen Sprayern unterbroch­en wurde. Bis er 2016 auf die Macher des Asphalt-Festivals traf, die den aufgelasse­nen Gang als Spielort für ein Stück inspiziert­en. So wurde er selbst Teil einer Theater-Performanc­e. In „Düsseldorf Sous-Terrain“spielte er in sieben Vorstellun­gen sich selbst, beantworte­te Fragen zu seinem Schicksal. So bekam er viele Hilfsangeb­ot und lebt nun nach zwölf Jahren auf der Straße und Tunnel wieder mit einem festen Dach über dem Kopf. „Jörg Gerhartz wird in seinem Vortrag vom Leben an diesem Ort schildern, ihn aber auch in einen künstleris­chen Kontext setzen“, sagt der Organisato­r der Ausstellun­g.

Info Die Ausstellun­g ist heute von 17 bis 24 Uhr geöffnet. Der Eingang befindet sich gegenüber dem Hotel „25 hours“am Beginn der Toulouser Allee.

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