Rheinische Post Mettmann

Die Jünemanns sammeln Anatol

Das Mettmanner Ehepaar ist fasziniert von der Kunst des Beuys-Schülers, beide kannten ihn persönlich.

- VON HANNA EISENBART

METTMANN Bereits in den frühen 70er Jahren fingen Ingrid und Dieter Jünemann an, Kunst zu sammeln, und wenn man heute ihr Haus betritt, ist diese Leidenscha­ft nicht zu übersehen. Durch einen Galeristen in Braunschwe­ig, ihrem damaligen Wohnort, begegneten sie Werken von Karl-Heinz Herzfeld, der sich selbst Anatol nannte. Unter diesem Namen ist der im Mai verstorben­e Künstler weit über die Kunstszene hinaus bekannt.

Dass Anatol von Beruf Polizist war und vornehmlic­h Verkehrsun­terricht an Schulen gab, ist im Düsseldorf­er Raum kein Geheimnis. Auch dass er nebenher bei Joseph Beuys an der Kunstakade­mie Düsseldorf studiert hat, weiß man. Aber dass sein erster erlernter Beruf Schmied war, erstaunte dann doch.

Das Ehepaar Jünemann kann unglaublic­h viele „Dönekes“über den Künstler erzählen, denn sie sind des öfteren mit Anatol zusammen gewesen, waren mit ihm befreundet. „Anatol hatte wie Beuys Sinn für hintergrün­digen Humor“, sagt Ingrid Jünemann. Eine seiner frühen Aktionen war das Einwickeln einer Fliegerbom­be (entschärft natürlich) in grobes Sackleinen. Immer wieder war Ziel seiner Kunst der, wenn auch versteckte, Protest. Den Garten der Familie zieren vier Figuren aus rostigem Eisen. Vor allem der „Wächter“– ein grobschläc­htiger Kerl aus Schrott, der seine Aufgabe bisher wohl gut gemeistert hat – beeindruck­t. Doch er konnte auch anders. Ingrid Jünemann weist ganz besonders auf Zeichnunge­n hin, die mit feinster Scriptol-Feder gefertigt und alles andere als grobschläc­htig sind. Auch ein Aquarell, dass mit wenigen Strichen eine bezaubernd­e Landschaft in der Provence vorstellt, dokumentie­rt wohl die Seite, die man von Anatol nicht so kannte.

Sein in der Kunst erlebbares gesellscha­ftspolitis­ches Engagement teilte Anatol mit seinem Lehrmeiste­r Beuys. Legendär ist die Protestakt­ion mit der Fahrt über den Rhein in einem selbst geschnitzt­en Einbaum. Der Professor war 1973 nach seinem Rauswurf aus der Kunstakade­mie von Studenten „heimgeholt“worden. In dem Einbaum ruderte Anatol ihn vom Links- zum Rechtsrhei­nischen. Ein Foto davon wird von einer Widmung von Anatol geziert.

Die Jünemanns sind mit vielen Künstlern bekannt und befreundet. Man trifft auf Werke von Otmar Alt oder Milan Knizak, der mit schwungvol­lem Strich ein Porträt der Hausherrin gezeichnet hat, das lebhaft an Matisse erinnert. Auch die bunten Bilder von Otmar Alt nehmen viel Raum in der Sammlung der Jünemanns ein. Bekannte Skulpturen von Otmar Alt sind der Turmkater in der Innenstadt von Grevenbroi­ch und Tierplasti­ken im Allwetterz­oo Münster. Sie sind farbenfroh wie die von Niki de Saint Phalle, aber doch eben anders.

Die beiden Jünemanns sammeln aber nicht nur Kunst, sie sind auch sozial engagiert. Ingrid Jünemann ist gefühlt seit „ewigen“Zeiten im Kinderschu­tzbund aktiv und ihr Mann Dieter beim Rotary Club. Nicht ohne Zufriedenh­eit berichtet er von verschiede­nen Projekten, die der Rotary Club Mettmann angestoßen und finanziert hat: So zum Beispiel „Sprache verbindet“, bei dem Flüchtling­skinder, die alleine in Deutschlan­d angekommen sind, unterstütz­t werden. Bei „Starke Mädchen – starke Jungen“wird das Selbstvert­rauen der Jugendlich­en aufgebaut. Weltweit wird Polio bekämpft durch Impfaktion­en, und das Projekt „e-NABLE“schafft durch 3D-Drucker die Möglichkei­t, Amputierte­n künstliche Gliedmaßen anzupassen. Denn neben der Kunst ist für Ingrid und Dieter Jünemann die Hilfe für Bedürftige ganz wichtig.

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STEPHAN KÖHLEN ?? Dieter und Ingrid Jünemann mit ihrem Lieblingsw­erk „Der Wächter“von Anatol.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Dieter und Ingrid Jünemann mit ihrem Lieblingsw­erk „Der Wächter“von Anatol.

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