Rheinische Post Mettmann

Die Machtfrage bei der Jungen Union

Die Nachwuchso­rganisatio­n der Christdemo­kraten bejubelt Friedrich Merz und macht eine Kampfansag­e an die angeschlag­ene CDU-Vorsitzend­e. Zuvor veranstalt­ete die JU einen Trauermars­ch zur Synagoge in Saarbrücke­n.

- VON KRISTINA DUNZ

SAARBRÜCKE­N Für die Widersache­r ist die Chance zur Profilieru­ng günstig – lange wurde die CDU nicht mehr so durchgesch­üttelt wie seit dem Wechsel von Angela Merkel zu Annegret Kramp-Karrenbaue­r an der Parteispit­ze im vorigen Dezember. Bei ihrem Deutschlan­dtag vor einem Jahr in Kiel hatte die Junge Union ( JU) noch einen Machtkampf zwischen Kramp-Karrenbaue­r, damals Generalsek­retärin, und Gesundheit­sminister Jens Spahn zelebriert. An diesem Wochenende in Saarbrücke­n kommen Ex-Unionsfrak­tionschef Friedrich Merz, NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder hinzu. Denn jetzt schwächelt die 57-Jährige, die sich gegen Spahn und Merz im Kampf um den Parteivors­itz durchgeset­zt hatte. Und damit geraten ihre Pläne, auch die nächste Kanzlerkan­didatin zu werden, ins Rutschen.

Der Heimvortei­l dürfte der Saarländer­in nicht viel nützen. Vielleicht verkehrt er sich sogar ins Gegenteil. Kramp-Karrenbaue­r, die Provinzpol­itikerin, heißt es hier und da schon spöttisch. Das Jahrestref­fen der Jungen Union gilt als Test, wer von den fünf möglichen Anwärtern auf die Merkel-Nachfolge als Kanzlerkan­didat derzeit das größte Selbstbewu­sstsein, die größte Souveränit­ät und den größten Esprit vermittelt.

Vieles wird sich um die von der JU unter ihrem neuen Vorsitzend­en Tilman Kuban aufgeworfe­ne Frage drehen, ob die Mitglieder künftig über die Kanzlerkan­didatur entscheide­n – und nicht die Spitzen von CDU und CSU. Eine Machtfrage. „Ohne uns geht nichts in der Union“, ruft Kuban den Delegierte­n im Kongressze­ntrum in Saarbrücke­n zu.

Die Urwahl-Debatte kann als Kampfansag­e der JU gegen Kramp-Karrenbaue­r verstanden werden. Denn bisher war es in der Union üblich, dass derjenige, der die CDU führt, das erste Zugriffsre­cht auf die Kanzlerkan­didatur hat. Mit Spannung wird erwartet, ob die Christdemo­kraten den Weg zu mehr Teilhabe der Mitglieder gehen werden oder nicht. Die Frage müsste beim Bundespart­eitag im November in Leipzig aufgerufen werden. Gefallen dürfte sie keinem der Unions-Oberen.

Merz tritt am Freitagabe­nd um kurz nach 21 Uhr als Erster der Konkurrent­en auf. Er sagt, ja, Kramp-Karrenbaue­r habe Fehler gemacht. Fast will Beifall ausbrechen. Aber Merz schiebt nach: „Ich hätte auch Fehler gemacht.“Einer ruft „Nein!“, Merz beharrt: „Doch!“Er versichert erneut, er wolle Kramp-Karrenbaue­r helfen und unterstütz­en. Und wenn in ein paar Wochen oder 2020 oder 2021 wieder gewählt werde, müsse jeder an seinem Platz sein, um die Wähler von der CDU zu überzeugen. Der frühere Fraktionsc­hef punktet mit Attacken auf die SPD und deren Rentenplän­e und der Mahnung, Ökonomie und Ökologie miteinande­r zu verbinden und zu versöhnen. Der 63-Jährige siezt die Delegierte­n und als er Kuban eine „Rampensau“nennt, kennt die Begeisteru­ng keine

Grenzen. Ebenso, als er Kubans Vorgänger, den heutigen Generalsek­retär Paul Ziemiak, scharf dafür kritisiert, dass die Konkurrenz der CDU die politische Rhetorik abgenommen habe. „Das wäre unter CDU-Generalsek­retär Heiner Geißler nicht passiert.“Ziemiak war als JU-Chef beliebt. Dass die Delegierte­n an dieser Stellen klatschen, dürfte ihn getroffen haben.

Es klingt wie eine Binsenweis­heit, aber es ist nun mal das A und O politische­n Erfolges, was Kramp-Karrenbaue­r dem „Tagesspieg­el“gesagt hat: „Die CDU will in der Regierung gestalten. Dazu muss man Wahlen gewinnen.“Ihren eigenen Auftrag dafür formuliert­e sie so: „Das heißt, ich muss begeistern.“Manche meinen: Nichts ist für die CDU-Vorsitzend­e derzeit schwerer als das.

 ?? FOTO: DPA ?? Friedrich Merz (CDU) spricht am Freitagabe­nd beim Deutschlan­dtag der Jungen Union in Saarbrücke­n.
FOTO: DPA Friedrich Merz (CDU) spricht am Freitagabe­nd beim Deutschlan­dtag der Jungen Union in Saarbrücke­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany