Rheinische Post Mettmann

Ein Liberaler aus dem Kreis in Brüssel

Moritz Körner (FDP) ist seit Juli Abgeordnet­er im Europaparl­ament. Inzwischen hat er sich eingearbei­tet.

- VON HEIKE SCHOOG

KREIS METTMANN Seine Tage sind durchgetak­tet und haben mehr Stunden als ein gewöhnlich­er Arbeitstag: Anhörungen der Kommissare, Fachaussch­üsse, Fraktionss­itzungen, Vorbereitu­ngstreffen und Gesprächst­ermine wechseln sich ab. „Inzwischen bin ich immer ein bisschen zu spät“, sagt Moritz Körner (29), der seit Juli dem Europäisch­en Parlament angehört; als Vertreter der deutschen FDP und Mitglied der Fraktion Renew Europe.

„Meine Pünktlichk­eit hat sich schnell als typisch deutsche Eigenschaf­t herausgest­ellt“, berichtet Körner. „Anfangs habe ich oft zehn Minuten auf die anderen gewartet“, sagt er. Inzwischen rutscht er selbst oft gerade noch rechtzeiti­g rein in seine Sitzungen. Und die häufen sich. Er ist Mitglied in den Ausschüsse­n Haushalt und Inneres. „Die tagen oft und erfordern Vorbereitu­ng in den Fraktionen“, berichtet er. Fünf Vertreter hat die FDP in Brüssel, die alle der Renew-Europe-Fraktion angehören. „Das ist die Nachfolgef­raktion der Alde, Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, die sich in diesem Jahr mit dem Beitritt der französisc­hen Macron-Fraktion neu benannt hat.“

108 Mitglieder stark ist die Renew-Europe-Fraktion. Insgesamt gehören 751 Abgeordnet­e dem Europäisch­en Parlament an – solange Großbritan­nien noch dazu gehört. Ein harter Brexit ist nicht auszuschli­eßen, bedauert der Europafan. Auch die liberalen Vertreter aus dem vereinten Königreich würden Premiermin­ister Johnson inzwischen alles zutrauen, sagt er.

Mit 29 Jahren zählt Körner zu den jüngeren EU-Abgeordnet­en. Gerade hatte er den Sprung in den NRW-Landtag geschafft – dort war er mit 26 Jahren das jüngste Mitglied – da kürt ihn die FDP zum Europa-Kandidaten mit aussichtsr­eichem Platz 4. „Hier herrscht ein anderes Tempo als im Landtag“, sagt Körner. „Man springt ständig zwischen Deutsch und Englisch hin und her“, beschreibt er allein die sprachlich­en Anforderun­gen. Auch wenn die Simultan-Übersetzun­gen gut seien, würden die meisten in den Sitzungen Englisch sprechen. Auch er. „Nur die Franzosen bleiben bei ihrer Sprache“, hat er beobachtet.

Und irgendwie sitzt Körner ständig auf gepackten Koffern – für die Heimreise nach Langenfeld an freien Wochenende­n, für den Wechsel von Brüssel nach Straßburg, für die Arbeit im Wahlkreis oder zu Reisen mit der Delegation. Er gehört der chinesisch­en an. Zwei Wochen arbeitet er in Brüssel, dann geht es für eine Woche nach Straßburg. „Vor meiner Bürotür in Brüssel stehen Kisten, die vor dem Wechsel nach Straßburg gefüllt werden können. 30 Kilogramm dürfen hinein und werden vor der Bürotür in Straßburg wieder abgesetzt.“Prinzipiel­l findet er Straßburg schön. „Aber der Aufwand ist enorm“, sagt er. Die Franzosen möchten indes an diesem Standort festhalten.

Insgesamt gefällt Körner die Internatio­nalität, die mit seiner neuen Aufgabe verbunden ist. „Es ist viel zu tun und die Verantwort­ung ist riesig“, sagt Körner, der Sozialwiss­enschaften und Politikman­agement studiert hat. „Es wird mehr über die Sache geredet. Die Offenheit ist überfrakti­onell größer“, beschreibt er.

Anders als im Landtag hat das Parlament in Brüssel kein Initiativr­echt, Gesetze vorzuschla­gen. Das liegt (noch) bei der Kommission. „Ursula von der Leyen hat bei ihrer Antrittsre­de angekündig­t, das zu ändern“, erinnert Körner. Deshalb habe er für sie gestimmt. „Damit würden die Rechte des Europarlam­ents gestärkt.“Schließlic­h seien die Abgeordnet­en gewählt.

Traditione­ll gehen aus der Bundesrepu­blik bislang eher altgedient­e Politiker nach Brüssel. „Das ist eine eher deutsche Spezialitä­t“, erläutert Körner. Andere Länder schicken ihre Starpoliti­ker nach Brüssel ins Rennen, die anschließe­nd wichtige Positionen übernehmen. „Doch das ändert sich gerade in Deutschlan­d.“

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Moritz Körner hat sich gut eingelebt in Brüssel. Der Plenarsaal im EU-Parlament ist einer seiner Arbeitsort­e.
RP-FOTO: RALPH MATZERATH Ein Video zu Moritz Körner in Brüssel sehen Sie via QR-Code oder unter www.youtube.com/ watch?v=zls4QI4etX­w Moritz Körner hat sich gut eingelebt in Brüssel. Der Plenarsaal im EU-Parlament ist einer seiner Arbeitsort­e.
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RP-FOTO: RM- Brüssel ist die Hauptstadt der Lobbyverbä­nde. Und es gibt auch zahlreiche Journalist­en. Hier das Foyer für die Pressekonf­erenzen im Parlament.
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RP-FOTO: RM- Infos für die Abgeordnet­en gibt es in den Schließfäc­hern.

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