Kinderkliniken geraten unter Druck
Die höheren Kosten für die Behandlung von Minderjährigen werden den spezialisierten Einrichtungen kaum noch bezahlt. Eine Studie stellt bereits Qualitätseinbußen fest.
DÜSSELDORF Unter dem wachsenden Spardruck an deutschen Krankenhäusern leiden vor allem Kinderkliniken. „Die Versorgung akut und chronisch schwer erkrankter Kinder ist vielerorts regelhaft nicht mehr gewährleistet und führt zu abnehmender Behandlungsqualität bis hin zu gravierender Patientengefährdung“, heißt es in einer Studie des Ceres-Instituts an der Universität Köln. Die Wissenschaftler haben bundesweit Beschäftigte in Kinderkliniken sowie Fachabteilungen für Kinder- und Jugendmedizin und Kinderchirurgie befragt.
Die Behandlung von Kindern ist aufwendiger als die von Erwachsenen. So muss kleinen Patienten zum Beispiel länger zugeredet werden, bevor sie den Arm für eine Spritze hinhalten. Sie brauchen auch ein eigenes Sortiment an medizinischem Gerät wie etwa kleinere Beatmungsmasken. „Die Anforderungen an die Gesundheitsversorgung von Kindern und die daraus entstehenden Mehrkosten werden im derzeitigen Entgeltsystem nicht ausreichend refinanziert und haben dazu geführt, dass die Pädiatrie seit Jahren unter erheblicher Finanzmittelknappheit leidet“, heißt es in der Studie. Drohende oder schon vollzogene Schließungen von Kinderkliniken sorgen immer häufiger für Proteste. In NRW ist derzeit eine Kinderklinik in Sankt Augustin betroffen.
Von einem dramatischen Abbau kindermedizinischer Angebote kann allerdings noch keine Rede sein. So sanken die bundesweiten Kapazitäten in der Kinderheilkunde zwischen 2007 und 2017 von 19.700 auf 18.600 Betten, wie die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion mitteilte. Standen vor gut zehn Jahren in der Kinderheilkunde statistisch noch 23,9 Betten pro 100.000 Einwohner zur Verfügung, waren es zuletzt 22,5 Betten.
In NRW kam es von 2016 bis 2018 zu einem Abbau von 159 auf 4421 Betten in der Kinder- und Jugendmedizin, wie das NRW-Gesundheitsministerium auf Anfrage mitteilte. Damit verfügt das Bundesland über eine im Bundesvergleich sogar überdurchschnittlich gute Versorgung von 24,6 Betten pro 100.000 Einwohner. Auch das Gutachten zur Vorbereitung seiner Krankenhausreform, das NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) vor wenigen Tagen vorlegte, weist landesweit kein pädiatrisches Unterversorgungsgebiet auf.
Aber die Lage verschlechtert sich auch in NRW. Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW ) räumt einen „besonderen ökonomischen Druck“der Anbieter ein. „Gründe für die vielfach angespannte Finanzierungssituation dieses Fachgebietes sind die höheren personellen und zeitlichen Ressourcen im Vergleich zur Versorgung von Erwachsenen“, heißt es. Vielfach werde die Kindermedizin in den Krankenhäusern bereits mit den Erträgen anderer Abteilungen quersubventioniert. Gleichzeitig führten die wachsenden Probleme mit übergewichtigen Kindern und der zunehmende Medienmissbrauch zu immer mehr Behandlungsbedarf, so die KGNW.
Zudem lässt offenbar die Qualität des Angebots bei etlichen Anbietern nach: „Die Mangelverwaltung führt zu eingeschränkter Versorgungsqualität“, heißt es in der Ceres-Studie. Das NRW-Gesundheitsministerium beantwortetet Fragen dazu ausweichend: „Dem Ministerium sind die ökonomischen Zwänge in der Pädiatrie sehr wohl bewusst. Wir sind wegen dieser Problematik mit den entsprechenden Fachleuten im Gespräch.“
Leitartikel