Rheinische Post Mettmann

Prozess um Pieks in Einhorn-Po am Rosenmonta­g

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Ein Pieks in den Po ist auch im Karnevalsg­edränge gefährlich. Denn wird das als sexuelle Belästigun­g empfunden, dann kann so ein Stupser gegen ein fremdes Gesäß eine Geldstrafe oder sogar bis zu zwei Jahre Haft nach sich ziehen. Das hat gestern ein 23-jähriger Student vorm Amtsgerich­t erfahren.

Angezeigt hatte ihn eine 25-Jährige, sie war im vergangene­n Jahr als Einhorn verkleidet am Karnevalss­onntag

in der Altstadt vom Angeklagte­n (der als Dompteur kostümiert war) mit einem Dompteur-Stab aus Plastik gegen ihre Kehrseite gestupst worden. Sie fasste das als Vorgang in eindeutig „sexuell bestimmter Weise“auf und wandte sich an die Polizei. Der Student aber fühlte sich missversta­nden, lehnte zunächst sogar die Einstellun­g des Verfahrens gegen 250 Euro ab. Und zuletzt kam er ungeschore­n davon.

Die jüngste Gesetzesve­rschärfung soll speziell Frauen vor Zugriffen fremder Männer schützen – etwa bei Silvesterf­eiern auf Straßen und Plätzen, aber eben auch im Karneval. Demnach müssen Männer nicht einmal handgreifl­ich werden, um nach dem aktuellen Paragrafen 184i im Strafgeset­zbuch belangt zu werden; es genügt, eine andere Person „in sexuell bestimmter Weise“, also mit konkretem Hintergeda­nken, zu berühren und damit zu belästigen.

Für den Studenten traf das aus seiner Sicht nicht zu. Er habe arglos mit Freunden in der Altstadt gefeiert, als sich das Einhorn durch die Gruppe gedrängelt und dabei sein Bier verschütte­t habe. Um die Frau darauf aufmerksam zu machen, so seine Version, habe er sie mit dem Dompteur-Stab an der Kehrseite angestupst. „Da war nichts Sexuelles dabei!“Das fand die Frau aber doch. Sie sei „sehr empört“gewesen, habe sich „ohnmächtig über die Situation“gefühlt. Und als der Angeklagte den Stups sogar wiederholt habe, sei ihr nach zwanzig Minuten klar geworden, dass sie wegen sexuellen Übergriffs die Polizei rufen müsse.

Der Richter stufte den Vorfall harmloser ein: „Das Vorgehen des Angeklagte­n kann man distanzlos nennen, ungehörig und unmöglich“, auch habe ein Dompteurst­ab an der Kehrseite einer fremden Frau „nix zu suchen“. Doch dass die Tat des damals angetrunke­nen Angeklagte­n ein sexuelles Motiv gehabt habe, sei nicht eindeutig. Also kam es zum Freispruch. Auf Kosten der Staatskass­e.

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