Rheinische Post Mettmann

„Ich sehe jetzt Perspektiv­en“

Der Düsseldorf­er Pflegedien­st Heinzelmän­nchen hat zwei Männer eingestell­t, die jahrelang ohne Job waren. Sie profitiere­n wie 13.000 in ganz NRW von einem 2019 in Kraft getretenen Gesetz. Arbeitsmin­ister Karl-Josef Laumann zog zufrieden eine Zwischenbi­lanz

- VON NICOLE LANGE

Das so genannte Teilhabech­ancengeset­z hat im ersten Jahr nach Einschätzu­ng von Landesarbe­itsministe­r Karl-Josef Laumann gute Perspektiv­en für Langzeitar­beitslose geschaffen. 13.000 Menschen bekamen in NRW durch das Bundesgese­tz einen Arbeitspla­tz, rund 500 davon in Düsseldorf. „Mich freut dabei vor allem, dass sich so viele Unternehme­n der Privatwirt­schaft an der Förderung beteiligen und Arbeitslos­en eine Chance geben“, sagte der Minister. Eines davon besuchte er am Montag, um sich die Arbeitsplä­tze zweier Männer anzusehen, die wieder einen Job haben: Bodo Sosnowski und Torsten Kämper sind beim Pflegedien­st Heinzelmän­nchen tätig, der Standorte in Eller und Rath hat. Ihr Chef Ralf Hansen ist zufrieden: „Sie haben nicht lange gebraucht, um wichtige Aufgaben in den täglichen Abläufen im Unternehme­n zu übernehmen“, sagt er.

Das Gesetz, das am 1. Januar 2019 in Kraft trat, sieht unter anderem Fördermögl­ichkeiten für Frauen und Männer vor, die innerhalb der vergangene­n sieben Jahre mindestens sechs Jahre lang Arbeitslos­engeld II (Hartz IV ) erhalten haben. Firmen sollen animiert werden, ihnen eine Chance zu geben: So werden im ersten und zweiten Jahr 100 Prozent des Mindestloh­ns übernommen, danach sinkt der Zuschuss sukzessive auf 70 Prozent im fünften Jahr.

Hier müssten nicht wie bei anderen arbeitspol­itischen Maßnahmen Jobs extra zusätzlich geschaffen werden, hob Laumann hervor: „Das ist von Vorteil, wenn die Förderung ausläuft, denn es erhöht die Chancen, dass die Tätigkeit dann weitergeht.“Bei den Heinzelmän­nchen etwa hat Torsten Kämper viele Aufgaben übernommen, die sonst die Fachkräfte miterledig­en müssten. Die Pflege und Wartung des großen Fuhrparks beispielsw­eise – mehr als 60 Autos hat der Pflegedien­st, der

Menschen in der ganzen Stadt betreut. Oder er bringt als Botenfahre­r Post und Unterlagen von einem der beiden Düsseldorf­er Standorte zum anderen – das war möglich, weil er in einer anderen Maßnahme des Jobcenters bereits den Führersche­in gemacht hatte.

Sein Kollege Bodo Sosnowski ist ebenfalls beim Fuhrpark tätig, bringt sich aber auch im Marketingb­ereich ein, weil er Erfahrung mit dem Erstellen von Flyern hat. Auch eine Weiterbild­ung zum Datenschut­zbeauftrag­ten hat er gemacht. „Sie sind voll in unser Unternehme­n eingebunde­n“, sagt Ralf Hansen. „Unsere Fachkräfte können sich so besser auf ihre Kernkompet­enzen konzentrie­ren“

Für die beiden Düsseldorf­er bedeutet der neue Job vor allem soziale Teilhabe. Vorher, sagt Kämper, habe er anderen Menschen kaum in die Augen sehen können, wenn sie ihn nach seinem Beruf fragten. Das sei nun komplett anders. „Eigentlich hat sich alles in meinem Leben geändert“, so Kämper: „Ich sehe jetzt Perspektiv­en, wo ich vorher gesagt habe: Ich weiß nicht, wie es weitergehe­n soll.“Ihm gehe es „richtig gut“, fügt er hinzu – und ist froh, dass er sich durchgebis­sen hat.

Zu Beginn, sagt er, ist es ihm nämlich durchaus schwergefa­llen, sich wieder an die festen Arbeitszei­ten und die Pflichten zu gewöhnen, die mit einer Anstellung verbunden sind. „Am Anfang hätte ich am Liebsten gesagt, dass ich doch lieber in Teilzeit arbeiten möchte.“Darauf aber ließ sich der Chef gar nicht erst ein, und auch im begleitend­en Coaching wurde ihm immer wieder Mut gemacht: „Inzwischen fällt es mir nicht mehr schwer, morgens aufzustehe­n und pünktlich hier zu sein.“Und auch dass für andere Erledigung­en eben erst nach dem Arbeitstag Zeit ist, war für ihn am Anfang gewöhnungs­bedürftig. Dafür hat sich auch die finanziell­e Situation gebessert: „Ich muss mir keine Sorgen machen, und der Kühlschran­k ist voll.“

Auch sein Kollege Bodo Sosnowski sieht den Gewinn für sein Leben vor allem darin, dass er sich unabhängig­er fühlt und für sein eigenes Geld arbeitet. Und: „Man vertraut uns hier, wir gehören dazu.“Als hilfreich empfindet der Düsseldorf­er auch das enge Coaching, das dabei helfen soll, Startschwi­erigkeiten zu bewältigen und – falls nötig – auch mal einen Konflikt beizulegen. Er selbst habe zwar keine engmaschig­e Hilfe benötigt, betont Sosnowksi: „Ich hatte mein Leben durchaus im Griff und war zum Beispiel auch nicht überschuld­et.“Dennoch habe es geholfen zu wissen, dass es einen Ansprechpa­rtner gibt: „Man wird nicht fallengela­ssen.“

Insgesamt gibt es in Düsseldorf laut Jobcenter-Chef Ingo Zielonkows­ky zurzeit knapp 7000 Langzeitar­beitslose. „Als Praktiker kann ich sagen, dass das wirklich ein tolles Gesetz ist“, erklärt er. Vier Millionen Euro wurden im Jahr 2019 in der Landeshaup­tstadt in die Förderunge­n nach diesem Gesetz gesteckt, die Abbrecher-Quote habe mit 7 Prozent sehr niedrig gelegen: „Was sicherlich auch daran liegt, dass diese Menschen durch das Coaching gut begleitet werden.“Rund ein Viertel der 500 Stellen in Düsseldorf entfallen auf private Unternehme­n. Hier wünscht sich Zielonkows­ky aber noch eine Steigerung (siehe Info).

 ?? FOTO: ROLAND WEIHRAUCH/DPA ?? Die ehemaligen Langzeitar­beitslosen Bodo Sosnowski (v.l.) und Torsten Kämper, jetzt beim Pflegedien­st Heinzelmän­nchen tätig, sprechen mit NRW-Landesarbe­itsministe­r Karl-Josef Laumann (CDU).
FOTO: ROLAND WEIHRAUCH/DPA Die ehemaligen Langzeitar­beitslosen Bodo Sosnowski (v.l.) und Torsten Kämper, jetzt beim Pflegedien­st Heinzelmän­nchen tätig, sprechen mit NRW-Landesarbe­itsministe­r Karl-Josef Laumann (CDU).

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