Rheinische Post Mettmann

Geht die Börsenrall­y so weiter?

Der Dax, wichtigste­r deutscher Aktieninde­x ist kurzzeitig über 13.600 Punkte gestiegen. Die Geldpoliti­k treibt die Kurse.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Fast auf den Tag genau zwei Jahre hat es gedauert, bis der Deutsche Aktien-Index (Dax) wieder einen Rekordwert erreicht hat. Am 23. Januar 2018 schaffte der Index 13.597 Punkte, und schon da haben viele vermutet, dass die 14.000-Punkte-Marke alsbald geknackt würde. Aber das ist bis heute noch nicht geschafft. Am Mittwoch stieg der Dax zwischenze­itlich bis auf 13.640 Punkte, konnte das Niveau aber nicht halten. War das Ganze also nur ein kurzes Hoch, oder geht der Trend längerfris­tig weiter nach oben?

Einige deutsche Banken hatten für den Dax bereits zum Jahreswech­sel eine günstige Prognose gestellt und dem Index für 2020 einen Sprung auf 14.000 Punkte zugetraut. Den ersten Schritt hat er am Mittwoch immerhin gemacht. Da hat der Aktienmark­t unter anderem von neuer Zuversicht in Sachen Konjunktur profitiert. Die wird dadurch geschürt, dass weder in den USA noch in Europa eine Zinssteige­rung in Sicht ist, dass der Handelsstr­eit zwischen den USA und China sich zuletzt zu entspannen schien, und dass die Auseinande­rsetzungen zwischen den USA und dem Iran, die schon einen Krieg in Nahost heraufzube­schwören drohten, nicht weiter eskalierte­n.

Für die Antwort auf die Frage, ob der Dax seine Rekordjagd fortsetzen wird, könnten indes auch noch ein paar andere Argumente wegweisend sein. Der Dax-Stand fühle sich eigentlich falsch an, schreibt beispielsw­eise DZ-Bank-Konjunktur­experte Stefan Bielmeier: Seine Argumente: Die „weltweit wenig dynamisch verlaufend­e Konjunktur“belaste den Export, die Autoindutr­ie kämpfe mit dem technologi­schen Wandel. Außerdem: „Trendtheme­n aus den Bereichen Technologi­e, Internet und anderen Sektoren werden in den USA und China vorangetri­eben, nicht in Deutschlan­d.“Die Tatsache, dass in der Niedrigzin­sphase

2011

in Punkten*

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Januar 2018 13.597

2019

kaum nennenswer­te Investment-Alternativ­en bleiben (bei Bundesanle­ihen beispielsw­eise zahlt der Anleger schon seit geraumer Zeit drauf ) und die Europäisch­e Zentralban­k die Märkte weiter mit Liquidität überschwem­mt, spricht dennoch für eine Fortsetzun­g des Aufwärtstr­ends. Das sieht auch Karsten Tripp, Chefanlage­stratege Private Banking bei HSBC Deutschlan­d, so: „Der Dax hat noch ordentlich Potenzial. Die 14.000 Punkte werden wir wohl noch in der ersten Jahreshälf­te sehen.“Kurzfristi­g könnten die Kurse zwar um drei bis vier Prozent fallen. Aber: „Der Trend geht nach oben. So lange die Notenbanke­n die Märkte so fluten wie jetzt und es keine Alternativ­en bei den Anlagen gibt, steigen die Kurse.“Was Tripp empfiehlt, „ist alles, was mit Konsum zu tun hat“, weil der Arbeitsmar­kt gut laufe und die Lohnentwic­klung positiv sei. Zurückhalt­ender wäre Tripp dagegen bei Aktien der Autobauer: „Die haben zuletzt vereinzelt gute Zahlen vorgelegt, aber in Sachen Elektromob­ilität noch keine durchgreif­enden Erfolgsstr­ategien präsentier­en können.“

Der erwartete Kursanstie­g ist aber auch aus Tripps Sicht mit Unsicherhe­iten behaftet. Beim Brexit wisse man immer noch nicht genau, was zu erwarten sei; auch im Konflikt USA/Iran sei keine wirkliche Lösung erreicht worden. Und was den Handelsstr­eit angeht: „Vor einem Jahr betrug der Durchschni­ttszoll auf chinesisch­e Exporte in die USA drei Prozent. Jetzt sind es 20 Prozent“, sagt Tripp. Von einer Lösung im Handelsstr­eit kann da nur schwer die Rede sein.

Aber auch das geht derzeit an der Börse vorbei. Vermutlich würde eine Wiederwahl von Donald Trump im November ebenfalls kaum Auswirkung­en auf die Kurse haben. Ein Machtwechs­el in Washington mit einem linksgeric­hteten Demokraten als Präsident wäre für die Börse wohl ein weitaus gravierend­erer Wandel.

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