Rheinische Post Mettmann

So fühlen sich Senioren in der Stadt

Laut einer Studie ist Düsseldorf kein besonders gutes Pflaster für ältere Menschen. Vier Senioren geben ihre Einschätzu­ng ab. Prognos befragte 401 Kreise und Kommunen

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS Die Studie

Düsseldorf – geht es nach dem Wirtschaft­sforschung­sinstitut Prognos, ist die Landeshaup­tstadt für Senioren in einigen Bereichen keine besonders lebenswert­e Stadt. Dies zeigt zumindest die aktuelle ZDF-Deutschlan­dstudie, in der Düsseldorf im landesweit­en Vergleich unter dem Strich nur einen der letzten Plätze belegt. Die jeweiligen Kriterien wurden auf Grundlage eines Fragebogen­s bewertet, den die Kommunen beantworte­ten.

Doch wie genau entspreche­n die Statistike­n der Realität? Wir baten vier Senioren, uns einmal ihre Einschätzu­ng zur Lebensqual­ität älterer Menschen in Düsseldorf zu erläutern. Alle haben sie in verschiede­nen Stadtteile­n gelebt, wohnen jetzt in einer seniorenge­rechten Wohnanlage und treffen sich regelmäßig im Stockumer Zentrum plus. Aus ihren Einschätzu­ngen lassen sich keine Rückschlüs­se auf ein stadtweite­s Bild ziehen – doch sie zeigen, dass dies auch nicht mit den Ergebnisse­n der Studie möglich ist.

Pflege Dass der Bedarf das Angebot an Pflegeplät­zen in Düsseldorf weit übersteigt, ist einer der besonders kritischen Punkte. Und hier stimmen die Meinungen der Senioren mit denen der Studienmac­her überein. „Es ist nicht so einfach, einen Platz dort zu bekommen, wo man ihn möchte“, sagt Angela Prinz, die selber viele Jahre ein Altenheim verwaltete. Sie kritisiert, dass die Stadt die Obhut über die Pflege in Düsseldorf zunehmend privaten Unternehme­n wie neben vielen anderen – der Sana-Gruppe überlasse. „Altenpfleg­e kann ein lukratives Geschäft sein, da dringen immer mehr auf den Markt. Wohlfahrts­verbände dürfen jedoch keinen Profit machen, was sich dann auch in geringeren Beiträgen widerspieg­eln kann“, glaubt die 83-Jährige. Dieser Meinung

Deutschlan­dweit landete die Landeshaup­tstadt auf dem 250. Platz. In NRW auf Rang 43 (von 53). Zum Vergleich: Der benachbart­e Kreis Mettmann belegte in Nordrhein-Westfalen den ersten Platz.

schließt sich das Ehepaar Vollmark an. „Wir haben keine Kinder, mussten uns also schon früh Gedanken machen, was später sein wird“, sagt Peter Vollmark. In der eigenen Wohnung irgendwie weiterlebe­n oder in ein Altenheim ziehen, das wären dann meist die einzigen Möglichkei­ten. Anlagen mit seniorenge­rechtem Service und Betreuung bei weitestgeh­ender Aufrechter­haltung der eigenen Selbststän­digkeit gebe es zu wenige. Dabei komme es darauf an, dass ältere Menschen weitestgeh­end ihre Selbststän­digkeit aufrechter­halten können.

Wohnen Im Fall des Ehepaars Vollmark ist das neue Heim in der Hand einer Genossensc­haft. Diesen solle die Stadt mehr Grundstück­e anbieten. „So kann man auch eine Art Mietpreisb­remse fördern. Denn die Genossensc­haften dürfen ja auch keinen Gewinn machen“, sagt Peter Vollmark. Dementspre­chend günstig sei auch ihre Miete im Vergleich. Zahlten sie vorher für ihre 90 Quadratmet­er große Golzheimer Wohnung mehr als 1200 Euro im Monat, ist es bei jetzt 60 Quadratmet­ern nur noch knapp die Hälfte. „Unser Vermieter hat alle drei Jahre um fünf bis sechs Prozent erhöht, dabei sich jedoch legal am Mietspiege­l orientiert“, sagt Peter Vollmark. Für Rentner sei Düsseldorf einfach zu teuer zum Wohnen. Und: „Heute nützt es auch nichts mehr, in andere Stadtteile wie Unteroder Oberbilk zu ziehen.“Für Senioren wie Ursula Czarnecki, die nur eine statt zwei Renten bezieht, sei eine innenstadt­nahe Wohnung nicht mehr bezahlbar. Aufs Land zu ziehen, wo laut der Studie tendenziel­l die glücklichs­ten Senioren wohnen, sei für alle vier allerdings nie eine Option gewesen. „Die das machen, sind wohl kerngesund und brauchen nie einen Arzt“, meint Marie-Luise Vollmark augenzwink­ernd.

Freizeit / Grünfläche­n Verwundert zeigten sich die Rentner über das schlechte Abschneide­n im Bereich Freizeit und Grünfläche­n. „Wir sind hier im Norden zwar verwöhnt mit Grünfläche­n, aber auch in der Innenstadt gibt es schöne Parks“, sagt Prinz. Schade empfindet das Ehepaar Vollmark lediglich, dass sich immer mehr Vorgärten in steinerne Wüsten für Parkfläche­n verwandeln. Die Angebote der Zentren plus empfinden sie dagegen als großartig, allerdings seien die bei vielen Senioren noch nicht im Bewusstsei­n angekommen. Auch die Stadt biete genug Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten und Veranstalt­ungen, wie beispielsw­eise den Kulturherb­st für Senioren. Alle vier loben zudem städtische Dienstleis­tungsangeb­ote wie das Pflegebüro als guten und wichtigen Service für Senioren.

Fazit Es ist nicht alles gut in der Landeshaup­tstadt, wenn es um die Lebensqual­ität von Senioren geht. Die Themen Pflege und bezahlbare­r Wohnraum muss die Politik dringend priorisier­en. Aber es ist bei weitem auch nicht alles so schlecht, wie bestimmte Daten der Studie nahe legen. Denn was eine Stadt letzten Endes lebenswert macht, ist die Möglichkei­t, aktiv am Leben teilzunehm­en. „Und da liegt Köln laut der Studie immer noch hinter uns“, resümiert Peter Vollmark schmunzeln­d.

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FOTO: ANNE ORTHEN Marie-Luise Vollmark, Peter Vollmark, Ursula Czarnecki und Angela Prinz (v. l.) sitzen im Zentrum plus in Stockum gerne bei einem Kaffee zusammen.

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