Warum Funkels Job in Gefahr ist
Fortunas Trainer galt als unantastbar. Der 66-Jährige sagt stets, dass der Klub nur als Einheit eine Chance hat, in der Bundesliga zu bestehen. Doch nun greifen allmählich die klassischen Mechanismen des Fußballgeschäfts. Funkels Aufstellungen stehen in d
Unruhe und Fortuna – das gehört einfach zusammen. Da unterscheidet sich der Düsseldorfer Fußballklub nicht im geringsten von anderen Traditionsvereinen. Doch lange Zeit gelang es immerhin dem rein sportlichen Bereich innerhalb des Vereins, sich von Grabenkämpfen abzuschotten. Selbst die Posse um die Vertragsverlängerung von Trainer Friedhelm Funkel im Januar 2019 nutzte das Team zusammen mit dem Team ums Team, um daraus gestärkt hervorzugehen. Es war der Beleg für Funkels Mantra, das er seit dem Aufstieg 2018 fast schon manisch wiederholt: Nur durch Geschlossenheit und Ruhe – auch in Phasen des Misserfolgs – kann Fortuna erfolgreich in der ersten Liga bestehen. Zu dieser Leitlinie bekannten sich auch die Vereinsverantwortlichen. Aber wie es im Leben eben so ist: Vorher reden kann man viel, entscheidend sind die Handlungen, wenn es soweit ist. Nach Informationen unserer Redaktion bröckelt derzeit der bedingungslose Rückhalt für den 66-Jährigen, der mit Fortuna auf dem vorletzten Tabellenrang steht.
Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, soll es sogar schon klare Zielvorgaben für den Trainer geben. „Der Coach muss im Falle von Niederlagen am Sonntag bei Bayer Leverkusen und in der Woche darauf gegen Eintracht Frankfurt sogar um seinen Job bangen“, heißt es. Nach dem Vormittagstraining am Mittwoch betont Funkel: „Das ist völlig aus der Luft gegriffen. Ich weiß nicht, wer so etwas in die Welt setzt. Das sind Leute, die irgendetwas heraufbeschwören wollen. Davon ist nichts wahr. Das ist schon bösartig.“
Während Funkel also in den Gegenangriff geht, greift der Sportvorstand zu einer zurückhaltenderen Wortwahl, die Spekulationen eher befeuert: „Der Tabellenplatz ist kein Kriterium, und wir werden bestimmt nicht in Aktionismus verfallen. Entscheidend ist, ob die
Mannschaft, angeleitet vom Trainerteam, ihr Leistungsvermögen ausschöpft. Ruft sie ihr Leistungsvermögen ab, kriegen Trainerteam und Mannschaft das zusammen hin, gibt es für uns keinen Grund, darüber nachzudenken“, sagt Lutz Pfannenstiel. Übersetzt: Das Vertrauen ist an Bedingungen geknüpft. Liefern Funkel und sein Team aber nicht, werden auch bei den Düsseldorfern die üblichen Mechansimen des Fußballgeschäfts bemüht, und der Trainer wird gewechselt.
Nach dem Eklat in Marbella und der daran anschließenden überragenden Rückrunde, die auf Platz zehn endete, galt Funkel als unantastbar. König Friedhelm regierte Düsseldorf. Verein, Fans und Stadt feierten ihren Helden und sein Gefolge. „Friedhelm hat hier ein Vermächtnis geschaffen. Dafür müssen wir ihm sehr dankbar sein. Aber wir wollen, dass dieses Vermächtnis nicht personengebunden ist“, sagte Pfannenstiel im September im RP-Interview. Seither ist viel passiert. Fortuna gewann in dieser Saison nur vier der 18 Spiele, erzielte dabei gerade mal 18 Tore.
Funkel wies schon vor der Saison darauf hin, dass die vergangene Saison aller Voraussicht nach nicht zu wiederholen sei, man die Erwartungen dämpfen und sich auf Abstiegskampf bis zum Ende einstellen müsse, in dem Fortuna auch zwischendurch mal auf einem Abstiegsplatz stehen könne. Die Verantwortlichen nickten die Saisonprognose ab. Nun trifft sie ein. Was ist passiert, dass es jetzt doch zu Spannungen kommt?
Der größte Reibungspunkt sind Funkels Aufstellungen, die im Vorstand
und in Teilen des Aufsichtsrates kritisch beäugt werden. Die Abgänge von Dodi Lukebakio und Benito Raman vor der Saison wogen schwer. Hinzu kam der Ausfall von Kevin Stöger. Pfannenstiel und Funkel stellten gemeinschaftlich einen Kader zusammen, holten neun Neue.
Erik Thommy ist davon der einzige Feldspieler, der in allen Ligaspielen (18) zum Einsatz kam. Kasim Adams (11), Bernard Tekpetey (8), Lewis Baker (8), Nana Ampomah (7), Thomas Pledl (3) und Kelvin Ofori (0) spielten nur sporadisch. Funkel gilt als Trainer, der jedem Spieler strikte Defensivaufgaben mitgibt. Erfüllt er diese nach Ansicht des Trainer nur unzureichend im Training, spielt er nicht.
Adam Bodzek (16 Spiele), der in seinen neun Jahren bei Fortuna in Krisenzeiten schon oft als Sündenbock abgestempelt wurde, und Kapitän Oliver Fink (11) werden in dieser Diskussion als Streitfiguren ausgemacht. Verhindern die Einsätze der beiden Routiniers bessere Ergebnisse und, dass sich junge Talente entwickeln können? Funkel sagt klipp und klar: „Bodzek und Fink in Frage zu stellen, ist der größte Witz des Lebens. Die haben so viel für uns getan und werden es noch tun. Die werden nicht aufgestellt, weil sie so lange bei Fortuna sind, sondern weil sie der Mannschaft helfen. Das ist der einzige Grund.“
Dennoch glauben Funkels Kritiker im Verein, dass progressivere Aufstellungen zu mehr Erfolg führen würden. Hinter vorgehaltener Hand heißt es: Dawid Kownacki sei Stürmer und kein Außenbahnspieler. Ausnahmetalent Kelvin Ofori müsse
zumindest mal ein paar Kurzeinsätze bekommen. Und Nana Ampomah bekomme keine faire Chance über einen längeren Zeitraum.
Das wiederum führe nun auch zu Unmut in der Mannschaft. Marcel Sobottka, der auch meist nur noch Bankdrücker ist, widerspricht vehement: „Zwischen Team und Trainer passt kein Blatt Papier.“Auch Erik Thommy, den Funkel oft nur als Joker einsetzt, sagt: „Wir müssen dem Trainer Vertrauen. Er weiß schon, was er macht.“
Die Frage ist, wie lange das Vertrauen der Verantwortlichen bei weiteren Misserfolgen noch anhält? Kurz vor Weihnachten verlängerte Funkel – vorbehaltlich des Klassenerhaltes – seinen Vertrag um ein Jahr bis 2021. Doch schon zu diesem Zeitpunkt wurden die Aufstellungen und die daraus abgeleitete sportliche Philosophie kontrovers diskutiert. Am Ende rettete Funkel ein 2:1 in letzter Minute gegen Union Berlin. Nun gilt auch für die kommenden Wochen: Nur Siege werden Funkel den Job retten.