Rheinische Post Mettmann

Von Rheinhause­n nach Hüttenheim

- VON ANTJE HÖNING

Wenn im Ruhrgebiet ein Stahlwerk dicht macht, werden Erinnerung­en wach: Auch 1987 war Krupp in einer schweren Krise und suchte den Ausweg in einer Werksschli­eßung. Der Kampf der Kruppianer für Rheinhause­n ging in die NRW-Geschichte ein: Auch wenn die Belegschaf­t die Schließung am Ende nicht verhindern konnte, haben ihre Aktionen die Region zusammenge­schweißt. Nicht umsonst heißt die einst besetzte Brücke noch heute „Brücke der Solidaritä­t“. Seither weiß der Konzern, dass er die Rechnung besser nicht ohne Arbeitnehm­er macht. Entspreche­nd umgarnt er regelmäßig die IG Metall. Auch bei der Schließung des Grobblechw­erks in Duisburg-Hüttenheim sah man sich auf gutem Weg für eine einvernehm­liche Schließung – bis die Basis ausscherte und spontan dagegen demonstrie­rte.

Für Hüttenheim mag die wirtschaft­liche Lage keinen anderen Ausweg zulassen. Grobbleche können heute viele in der Welt herstellen, und zwar günstiger. Was die Belegschaf­t aber auch zeigt: Sie will nicht schweigend die Suppe auslöffeln, die Vorstand und Aufsichtsr­at ihr, gemeinscha­ftlich versagend, eingebrock­t haben. Bis heute leidet der Konzern an dem Südamerika-Fiasko, in das einst Ekkehard Schulz und Kollegen den Konzern stürzten. Fehlende Investitio­nen, patriarcha­lische Führungsku­ltur, hektische Strategiew­echsel setzen dem Konzern seit Jahren zu. Noch 2019 rissen Kartellstr­afen Löcher in die Kasse. Dass die neue Spitze nun unter Zeitdruck die Ertragsper­le, das Aufzuggesc­häft, abgeben und womöglich an eine Heuschreck­e ausliefern muss, zeigt den Ernst der Lage.

In Hüttenheim wurde am Freitag auch der Mythos von Rheinhause­n beschworen. Für den Konzern aber sind die Optionen viel geringer als vor 30 Jahren. Thyssenkru­pp steht mit dem Rücken an der Wand. BERICHT

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