Rheinische Post Mettmann

Kabinettsu­mbildung als Rettungsan­ker

In der Union werden neue Minister in Verbindung mit einem neuen Parteichef als Aufbruch gewertet.

- VON KRISTINA DUNZ UND EVA QUADBECK

BERLIN Die CSU beschleich­t nach dem angekündig­ten Rückzug von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r eine düstere Vorstellun­g: Erreicht die CDU kein Einvernehm­en zwischen den potenziell­en Konkurrent­en im Ringen um Parteivors­itz und Kanzlerkan­didatur, könnten Fliehkräft­e freigesetz­t werden, die die Union bei der nächsten Bundestags­wahl dezimieren. Die Lage sei sehr ernst, heißt es in der CSU. Vor allem in ihren Reihen wird ein Ausweg gesehen: eine Kabinettsu­mbildung. Das könne Druck nehmen und die CDU in die Lage versetzen, doch erst nur den Parteivors­itzenden zu wählen und deutlich später mit der CSU über die Kanzlerkan­didatur zu entscheide­n. Ein Rettungsan­ker.

Mit einer Kabinettsu­mbildung könnte bei den Bürgern Aufbruchst­immung

Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU)

verbreitet werden, glauben Christsozi­ale unter Söder, der zu Jahresbegi­nn einen entspreche­nden Vorstoß gemacht hatte. Merkel hatte allerdings erklärt, sie arbeite mit allen Ministern gut zusammen. Nun könnte es darauf hinauslauf­en, dass Söder seine Zustimmung zu einem CDU-Kanzlerkan­didaten von einer Kabinettsu­mbildung abhängig macht. Auch in der CDU gibt es Sympathien für die Idee, mit neuen Ministern der Regierung eine Frischzell­enkur zukommen zu lassen. Recht unverhohle­n wird darüber gesprochen, dass der 70-jährige Horst Seehofer abgezogen werden solle, um einem Jüngeren Platz zu machen, etwa dem Staatssekr­etär im Innenminis­terium, Stephan Mayer (46, CSU). Oder dass Andreas Scheuer (45, CSU) wegen des Maut-Desasters ausgetausc­ht und das Verkehrsmi­nisterium abgegeben werden könnte. Dafür hätte die CSU dem Vernehmen nach

Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) gern das Bildungsmi­nisterium, was das Aus für die glücklose Ministerin Anja Karliczek (CDU) bedeuten würde.

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier, ein Vertrauter von Merkel, wird auch als Wackelkand­idat gesehen. Er könnte zum Beispiel Jens Spahn Platz machen müssen, wenn dieser zwar nicht Kanzlerkan­didat wird, aber in ein Führungste­am eingebunde­n werden soll. In der Koalition wird zudem nicht ausgeschlo­ssen, dass einer der beiden neuen SPD-Vorsitzend­en Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken ihren Einfluss mit einem Kabinettsp­osten vergrößern wollten. Der SPD-Chef schließt seit Neustem nicht aus, selbst als Kanzlerkan­didat anzutreten.

Eigentlich sollten die möglichen Konkurrent­en Friedrich Merz, Gesundheit­sminister Spahn und NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet ja erst einmal miteinande­r

Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek (CDU) sprechen, bevor der parteiinte­rne Wahlkampf richtig ausbricht. Aber aus dem Umfeld von Merz wurde am Mittwochab­end bekannt, dass er zur Kandidatur entschloss­en sei. Der ehemalige Unionsfrak­tionsvorsi­tzende verspürt Rückenwind. Nach dem ARD-Deutschlan­dtrend sind 40 Prozent der Bürger der Meinung, dass der 64-Jährige ein guter Kanzlerkan­didat wäre. Für 30 Prozent der Befragten wäre Laschet der richtige Mann. Spahn hielt jeder Vierte (24 Prozent) für einen guten Kanzlerkan­didaten. Unter den Unions-Anhängern liegt Merz mit 69 Prozent noch deutlicher in Führung.

Am Donnerstag­abend war Laschet in Berlin bei einem Treffen mit dem CDU-Wirtschaft­srat, dessen Vizepräsid­ent Merz ist. Es drang wenig nach draußen. Bis zum 24. Februar soll Klarheit über das Verfahren herrschen. Zukunftsen­tscheidung im Turbogang.

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU)

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FOTOS: DPA
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