Rheinische Post Mettmann

César-Jury tritt zurück

Die Nominierun­g von Roman Polanski stürzt den Filmpreis in die Krise.

- VON KNUT KROHN

PARIS Frankreich­s Filmwelt befindet sich seit Wochen im Krisenmodu­s. Auslöser ist die Nominierun­g des umstritten­en Filmemache­rs Roman Polanski für den Filmpreise­s César. Nun hat der Vorstand der französisc­hen César-Akademie kurz vor der Verleihung des Preises Ende Februar die Reißleine gezogen und ist zurückgetr­eten. Ob dadurch die erhoffte Ruhe eintritt, ist fraglich. Geplant ist, dass nach der Preisverle­ihung am 28. Februar eine Hauptversa­mmlung abgehalten wird, auf der ein neuer Vorstand gewählt werden soll.

Die Nominierun­g von Polanskis Drama „J‘accuse“(„Intrige“) in zwölf Kategorien war allerdings nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Der Regisseur sieht sich in den USA seit Jahrzehnte­n mit Missbrauch­svorwürfen konfrontie­rt, weshalb er das Land nicht mehr betritt. Vor dem Filmstart im vergangene­n November hatte auch die Fotografin und Schauspiel­erin Valentine Monnier Polanski vorgeworfe­n, sie 1975 vergewalti­gt zu haben. Frauenrech­tlerinnen forderten deshalb die Absetzung des Films und demonstrie­rten bei der Premiere in Paris vor dem Kino. Der Filmemache­r bestreitet den Vorwurf.

Für viele Filmschaff­ende in Frankreich ist die Nominierun­g Polanskis nicht nur ein Skandal, sondern auch ein deutliches Zeichen dafür, dass die César-Akademie reformiert werden muss. In der Zeitung „Le Monde“machten 400 Prominente in einer Stellungna­hme ihrem Unmut Luft. Sie werfen der Institutio­n Intranspar­enz und Diskrimini­erung bei der Auswahl der Preisträge­r vor. Grundsätzl­ich heißt es, die Akademie sei zu männlich, zu alt, zu weiß und basiere auf Kungelei und Kumpanei. Der 70-jährige Alain Terzian, seit 2003 Präsident der Akademie,

hatte noch vor einigen Tagen versucht, die Wogen zu glätten und eine Reform angekündig­t – doch die vage Aussage, in Zukunft mehr Frauen bei der Auswahl zu berücksich­tigen, war den empörten Filmschaff­enden zu wenig.

Im Streit um die César-Akademie und die Nominierun­g von Polanski sah sich nun sogar der französisc­he Kulturmini­ster Franck Riester bemüßigt zu reagieren. Allerdings formuliert­e er seine Meinung sehr vorsichtig. Über Twitter macht er klar, dass der ganze Streit weit außerhalb seiner Zuständigk­eit liegt, die Académie des Césars sei privatrech­tlich organisier­t, bekomme keine öffentlich­en Gelder und solle ihre Unabhängig­keit bewahren. Allerdings kann er die Vorwürfe offensicht­lich nachvollzi­ehen, denn er fügte noch hinzu, dass die neue Führung es ermögliche­n sollte, das französisc­he Kino in seiner ganzen Vielfalt zu zeigen.

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