Rheinische Post Mettmann

Der neue Fahrrad-Abstand im Straßentes­t

Bald sollen Autofahrer einen Mindestabs­tand von 1,5 Metern beim Überholen einhalten. Das macht einen enormen Unterschie­d.

- VON ARNE LIEB UND HELENE PAWLITZKI

Die Zeiten für Radfahrer in Städten sollen besser werden: Beim Überholen müssen Autofahrer künftig mehr Vorsicht walten lassen. Innerorts müssen sie einen Mindestübe­rholabstan­d von 1,5 Metern einhalten, außerorts gelten zwei Meter Abstand. Bisher schreibt die Straßenver­kehrsordnu­ng lediglich einen „ausreichen­den Seitenabst­and“vor. Der Bundesrat hat einen entspreche­nden Entwurf am Freitag gebilligt, die Bundesregi­erung hat angekündig­t, dass er zeitnah umgesetzt wird.

Was bedeutet die neue Regelung für Düsseldorf? Wir haben es in der Innenstadt ausprobier­t – mit einem technische­n Hilfsmitte­l. Wir haben am Gepäckträg­er eines Fahrrads eine Pool-Nudel angebracht und das Schaumstof­frohr so abgeschnit­ten, dass es 1,5 Meter auf die Straße ragte.

Der Test zeigte: Anderthalb Meter sind im engen Straßenrau­m in Düsseldorf eine Menge – und ein erheblich größerer Abstand, als ihn Radfahrer gewohnt sind. Es war mit dem Abstandhal­ter nicht einmal mehr möglich, sich wie üblich vor einer Ampel auf dem Radweg rechts neben den Autos einzureihe­n. In engen Nebenstraß­en waren wir uns teilweise nicht sicher, ob der entgegenko­mmende Verkehr an dem Abstandhal­ter vorbeipass­t.

Die neue Abstandreg­elung macht Räder damit sozusagen zu einem Verkehrsmi­ttel mit Autobreite. Denn Radfahrer können nicht ganz rechts außen auf der Fahrbahn fahren – und sollen es zum Beispiel wegen unachtsam geöffneter Türen von parkenden Autos zur Sicherheit auch nicht. Der Abstand zum Straßenran­d kommt also dazu. Die Folge: Der neue Sicherheit­sabstand reicht nahezu bis zur Begrenzung der Spur. Autos müssen also auf die andere Fahrbahn ausweichen, wenn sie den gesetzlich­en Abstand einhalten wollen. Wenn das nicht geht, müssen sie hinter dem Radfahrer bleiben, bis der Spurwechse­l möglich ist. Damit wird der Autoverkeh­r auf Rad-Tempo verlangsam­t.

Der Fahrradver­ein ADFC hat immer wieder Fahrten mit Abstandhal­tern unternomme­n, um auf den Mindestabs­tand hinzuweise­n, und ist zu ähnlichen Ergebnisse­n gekommen. „Man wundert sich, wie lang 1,5 Meter wirken“, sagt die Düsseldorf­er Sprecherin Lerke Tyra.

„Das zeigt, wie eng man normalerwe­ise überholt wird.“Auch wenn es noch Debatten gibt, wie das Abstands-Gebot kontrollie­rt werden kann, begrüßt der Düsseldorf­er ADFC die Neuerung. Sprecherin Tyra lobt, dass sie gut einzupräge­n sei. „Für die Autofahrer ergibt sich eine einfache Regel: Zum Überholen muss man die Spur wechseln.“

Die Veränderun­g der Straßenver­kehrsordnu­ng zielt darauf ab, den Radverkehr durch eine Reihe von Neuerungen attraktive­r zu machen: So wird etwa ein Grünpfeil an Ampeln

für Radfahrer eingeführt. Zudem sollen Behörden stärker prüfen, ob Einbahnstr­aßen in Gegenricht­ung für Radfahrer geöffnet werden können – das ist in Düsseldorf schon an vielen Stellen passiert. Auch die Einrichtun­g von Fahrradzon­en soll erleichter­t werden.

Die Düsseldorf­er Stadtverwa­ltung und das Ratsbündni­s aus SPD, Grünen und FDP haben sich seit Jahren das Ziel gesetzt, mehr Menschen vom Umstieg auf das Rad zu überzeugen. Der Stadtrat hat den Entwurf für ein sogenannte­s Radhauptne­tz

beschlosse­n. Nach und nach sollen sichere Radachsen geschaffen werden. Die Umsetzung erweist sich aber als mühsam.

Brisant ist politisch die Frage, wie stark der Autoverkeh­r eingeschrä­nkt werden darf. Der Straßenrau­m ist eng. In der Planung für den neuen Radweg am Hauptbahnh­of hat die Stadt kürzlich erstmals beschlosse­n, den Autoverkeh­r für einen Radweg deutlich einzuschrä­nken.

Video Ein Video zu dem Versuch finden Sie unter www.rp-online.de/duesseldor­f

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Die rosa Schaumstof­frolle zeigt den neuen Mindestabs­tand an, hier auf der Oststraße.
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