Der neue Fahrrad-Abstand im Straßentest
Bald sollen Autofahrer einen Mindestabstand von 1,5 Metern beim Überholen einhalten. Das macht einen enormen Unterschied.
Die Zeiten für Radfahrer in Städten sollen besser werden: Beim Überholen müssen Autofahrer künftig mehr Vorsicht walten lassen. Innerorts müssen sie einen Mindestüberholabstand von 1,5 Metern einhalten, außerorts gelten zwei Meter Abstand. Bisher schreibt die Straßenverkehrsordnung lediglich einen „ausreichenden Seitenabstand“vor. Der Bundesrat hat einen entsprechenden Entwurf am Freitag gebilligt, die Bundesregierung hat angekündigt, dass er zeitnah umgesetzt wird.
Was bedeutet die neue Regelung für Düsseldorf? Wir haben es in der Innenstadt ausprobiert – mit einem technischen Hilfsmittel. Wir haben am Gepäckträger eines Fahrrads eine Pool-Nudel angebracht und das Schaumstoffrohr so abgeschnitten, dass es 1,5 Meter auf die Straße ragte.
Der Test zeigte: Anderthalb Meter sind im engen Straßenraum in Düsseldorf eine Menge – und ein erheblich größerer Abstand, als ihn Radfahrer gewohnt sind. Es war mit dem Abstandhalter nicht einmal mehr möglich, sich wie üblich vor einer Ampel auf dem Radweg rechts neben den Autos einzureihen. In engen Nebenstraßen waren wir uns teilweise nicht sicher, ob der entgegenkommende Verkehr an dem Abstandhalter vorbeipasst.
Die neue Abstandregelung macht Räder damit sozusagen zu einem Verkehrsmittel mit Autobreite. Denn Radfahrer können nicht ganz rechts außen auf der Fahrbahn fahren – und sollen es zum Beispiel wegen unachtsam geöffneter Türen von parkenden Autos zur Sicherheit auch nicht. Der Abstand zum Straßenrand kommt also dazu. Die Folge: Der neue Sicherheitsabstand reicht nahezu bis zur Begrenzung der Spur. Autos müssen also auf die andere Fahrbahn ausweichen, wenn sie den gesetzlichen Abstand einhalten wollen. Wenn das nicht geht, müssen sie hinter dem Radfahrer bleiben, bis der Spurwechsel möglich ist. Damit wird der Autoverkehr auf Rad-Tempo verlangsamt.
Der Fahrradverein ADFC hat immer wieder Fahrten mit Abstandhaltern unternommen, um auf den Mindestabstand hinzuweisen, und ist zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. „Man wundert sich, wie lang 1,5 Meter wirken“, sagt die Düsseldorfer Sprecherin Lerke Tyra.
„Das zeigt, wie eng man normalerweise überholt wird.“Auch wenn es noch Debatten gibt, wie das Abstands-Gebot kontrolliert werden kann, begrüßt der Düsseldorfer ADFC die Neuerung. Sprecherin Tyra lobt, dass sie gut einzuprägen sei. „Für die Autofahrer ergibt sich eine einfache Regel: Zum Überholen muss man die Spur wechseln.“
Die Veränderung der Straßenverkehrsordnung zielt darauf ab, den Radverkehr durch eine Reihe von Neuerungen attraktiver zu machen: So wird etwa ein Grünpfeil an Ampeln
für Radfahrer eingeführt. Zudem sollen Behörden stärker prüfen, ob Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrer geöffnet werden können – das ist in Düsseldorf schon an vielen Stellen passiert. Auch die Einrichtung von Fahrradzonen soll erleichtert werden.
Die Düsseldorfer Stadtverwaltung und das Ratsbündnis aus SPD, Grünen und FDP haben sich seit Jahren das Ziel gesetzt, mehr Menschen vom Umstieg auf das Rad zu überzeugen. Der Stadtrat hat den Entwurf für ein sogenanntes Radhauptnetz
beschlossen. Nach und nach sollen sichere Radachsen geschaffen werden. Die Umsetzung erweist sich aber als mühsam.
Brisant ist politisch die Frage, wie stark der Autoverkehr eingeschränkt werden darf. Der Straßenraum ist eng. In der Planung für den neuen Radweg am Hauptbahnhof hat die Stadt kürzlich erstmals beschlossen, den Autoverkehr für einen Radweg deutlich einzuschränken.
Video Ein Video zu dem Versuch finden Sie unter www.rp-online.de/duesseldorf