Politischer Karneval
Sitzungen haben in der Karnevalszeit nicht nur die Jecken, sondern es gibt auch welche im Stadtrat. Unsere Reporterinnen Julia Brabeck und Nicole Kampe kamen mit falschen Erwartungen.
Der Traum einer jeden Möhne: beim Rathaussturm an Weiberfastnacht dabei zu sein. Bislang war uns das nie vergönnt, wir sind gescheitert an den Massen feierfreudiger Frauen, die vor uns da waren. Umso begeisterter sind wir, dass jetzt in der Karnevalszeit auch im Rathaus Sitzungen stattfinden. Zwar zu einer ungewöhnlichen Zeit, nämlich um 14 Uhr, aber dafür ist der Eintritt überraschenderweise kostenlos. Also rein in die Verkleidung und los, wir wollen ja nichts verpassen und uns in Ruhe warmschunkeln. Unser
freudiger Helau-Ruf an der Eingangskontrolle verhallt zwar unerwidert, dafür treffen wir im Foyer auf zwei strahlende Karnevalisten: Andreas-Paul Stieber und Pavle Madzirov haben soeben den Toleranzorden verliehen bekommen.
Ein kurzer Plausch, ein Foto mit Thomas Geisel, der beiden die Hand schüttelt. Ansonsten ist die Atmosphäre
im Foyer etwas ernüchternd. Wo gibt’s Sektchen? Warum wird nicht geschunkelt? Und wieso klebt der Boden noch nicht? Zudem entdecken wir nur wenige ausgefallene Kostüme, abgesehen von einem Herrn im Ordungsamts-Dress und einer jungen Frau, die sich als Sekretärin verkleidet hat. Wir selbst ernten neugierige Blicke – offenbar aber nicht, weil wir so toll verkleidet sind. Ein Insider verrät uns dann, dass wir das Motto verfehlt haben, das in diesem Jahr „Gipfeltreffen“lautet. Jetzt wird uns auch klar, warum fast alle Sitzungsbesucher Anzug und Krawatte tragen: Sie sind als Ratsleute verkleidet. Mit Ausnahme von Thomas Geisel, der eigentlich bekannt ist für seine ausgefallene Kostümierungen:
Er geht diesmal als Oberbürgermeister.
Freudig erregt setzen wir uns in die vorletzte Reihe und richten uns gemütlich ein. Da die Dekoration etwas zurückhaltend ist, nehmen wir die Verschönerung mit Luftschlangen selbst in die Hand. Langsam schwant uns, warum die Sitzung kostenlos ist: Das Bühnenbild ist minimalistisch – die paar Fahnen, die aufgestellt wurden, helfen nicht viel –, und Musik ist auch nicht zu hören, nicht mal aus der Konserve.
Freunde haben uns vor der eher schleppenden Bewirtung im Saal gewarnt, daher haben wir vorgesorgt und Berliner und Mettbrötchen reingeschmuggelt. Nun bringen wir uns mit einem Gläschen Sekt in Stimmung. Marcus Münter, der – Überraschung! – ebenfalls als Ratsherr gekommen ist und anscheinend schon öfter diese Sitzung besucht hat, verpasst uns einen weiteren Dämpfer. „Viel Spaß euch, manchmal ist das ja hier amüsant, meistens aber leider nicht.“
Die Sitzung beginnt mit Ehrungen. Petra Reidt-Schmidt erhält Blumen, aber für Orden und Bützchen ist kein Platz. Sitzungspräsident Geisel steht allein auf der Bühne, während der Elferrat (dessen Mitglieder sich durchweg als Verwaltungsangestellte kostümiert haben) abseits Platz nimmt. Das Ganze erinnert uns an den steifen Mainzer Karneval. Zumindest gibt es den ersten
Applaus – ohne Tusch, aber da kommen unsere Tröten zum Einsatz.
Endlich betritt dann der erste Büttenredner die Bühne, doch der Funke will nicht überspringen, eigentlich ist er überhaupt nicht komisch. Im Saal kommt Unruhe auf. Einige Karnevalisten verlassen den Raum, andere vertiefen sich in ihre Handys, aber zum Glück hat Zuschauer Frank Spielmann (natürlich auch als Ratsherr kostümiert) Kamelle dabei, die er großzügig verteilt.
Sitzungspräsident Geisel wäre gut beraten, jetzt eine musikalische Darbietung anzukündigen, aber es folgt eine weitere politische Büttenrede. Es werden Streitgespräche geführt, die von Zwischenrufen der Zuschauer gestört werden – ein bisschen ist es wie bei der Hoppeditzrede, aber Spaß macht es nicht. Das ausliegende Programm macht da auch wenig Hoffnung: Nur der Punkt „Unterstützung des Brauchtums in Düsseldorf“, der an Stelle 22.5 steht, sieht vielversprechend aus. Aber so lange wollen wir nicht mehr warten, auch wenn Insider Andreas Auler verspricht, dass es zur fortgeschrittenen Stunde vielleicht noch lustig wird.
Wir schleichen uns mit anderen enttäuschten Zuschauern aus dem Saal. Immerhin finden wir vor der Tür noch eine Schüssel mit Süßigkeiten, in die wir beherzt greifen. Hätten wir Eintritt bezahlt – wir würden ihn jetzt zurück wollen.