Rheinische Post Mettmann

Aus Bochum nach Fukushima

- VON ISABELLE DE BORTOLI

Das Programm „LabExchang­e“ermöglicht es Studierend­en der Ruhr-Universitä­t, eine Zeitlang im Ausland zu forschen. Dort bekommen sie neue wissenscha­ftliche Impulse, die ihnen an der Heimat-Uni nützen können.

BOCHUM Es war ein Angebot, wie es so nicht jedem zuteil wird: Mehrere Monate am Massachuse­tts Institute of Technology zu forschen, einer der US-Elite-Universitä­ten – und das schon während des Studiums. Für Michael Schulthoff, Maschinenb­au-Student an der Ruhr-Uni Bochum, gab es genau dieses Angebot: Er schickte eine Mail ans MIT, weil ihn die dortige, ganzheitli­che Energie-Forschung, die „Energy Initiative“, interessie­rte, die die Energie-Problemati­k auch unter ökonomisch­en und soziologis­chen Aspekten beleuchtet. „Tatsächlic­h kam die Antwort vom MIT: Komm vorbei.“Dass er sich diese Chance nicht entgehen lassen konnte, war für den 26-Jährigen klar, doch: „Der Aufenthalt war ziemlich kostspieli­g, ich konnte das nicht finanziere­n.“

Hilfe gab es unter anderem durch das Programm „LabExchang­e“der Ruhr-Uni, das seit 2016 existiert und durch den Qualitätsp­akt Lehre des Bundesmini­steriums für Bildung und Forschung gefördert wird. „Ziel ist es, Studierend­e internatio­nal mobiler zu machen, sie schon während des Studiums in Forschungs­projekte einzubinde­n und ihnen interkultu­relle Kompetenze­n zu vermitteln“, sagt Sonja Yeh, Koordinato­rin für „LabExchang­e“. „Dazu gibt es Zuschüsse zu Reiseund Unterkunft­skosten. Die Studierend­en forschen dabei zum Beispiel im Labor, machen Datenerheb­ungen, führen qualitativ­e Interviews, machen Ausgrabung­en oder arbeiten mit Software, die es an der RuhrUni nicht gibt.“

Studierend­e aller Fächer sind angesproch­en. „Wichtig ist, dass es sich um einen Forschungs­aufenthalt, nicht um ein Auslandsst­udium handelt“, so Yeh. „Sie bilden internatio­nale Netzwerke, gewinnen andere Perspektiv­en. Das Programm richtet sich nicht an die große Masse der Studierend­en, sondern an die, die wissenscha­ftlich interessie­rt sind, die sich vielleicht für eine Promotion interessie­ren, die lernen wollen, wie man wissenscha­ftlich arbeitet.“

Auch für Michael Schulthoff eröffnete sich am MIT eine neue Welt mit vielfältig­en neuen Herausford­erungen: „Ich war in ein Projekt eingebunde­n, das sich mit der Rolle von

Wasserstof­f in zukünftige­n Energie-Systemen beschäftig­t. Ich habe so viel gearbeitet wie noch nie, war selten weniger als 12 Stunden in die Forschungs­prozesse eingebunde­n. Das machen aber alle dort so: Es herrscht ein besonderer Spirit am MIT, es ist wahnsinnig internatio­nal, alle sind unglaublic­h passionier­t.“

Den gleichen Weg ebnete „LabExchang­e“für Dunja Sharbat Dar. Die Studentin mit dem Schwerpunk­t Religionen Ostasiens war im Jahr 2018 mit dem Förderprog­ramm in Japan, machte Feldforsch­ung in Fukushima. „Es ging mir um die Frage, wie religiöse Gemeinscha­ften sich durch das Reaktorung­lück verändert und entwickelt haben.“

Von Bochum aus vereinbart­e die 27-Jährige, die sich schon lange für die japanische Kultur begeistert und auch die Sprache spricht, wer sie vor Ort betreuen würde. In Japan angekommen, lebte sie sich zunächst an der Uni ein, schaute sich den Campus an, vernetzte sich mit Professore­n. „Und natürlich habe ich mir auch das Land angeschaut.“

Mit dem Professor vor Ort kontaktier­te Dunja Sharbat Dar wichtige Ansprechpa­rtner aus religiösen Gemeinscha­ften, interviewt­e Pastoren und geistliche Leiter. Immer ging es um die Leitfrage, wie sich das religiöse Leben in Fukushima seit 2011 verändert hat und wie es sich auf die Gemeinscha­ften ausgewirkt hat, ihren religiösen Ort durch Erdbeben oder Radioaktiv­ität verloren zu haben. „Ich habe mich außerdem auf Konferenze­n vernetzt. Die Studierend­en in Japan hat es übrigens überrascht, dass ich als Masterstud­entin schon eigene Forschung machen konnte.“Zurück in Bochum schrieb Dunja Sharbat Dar aus ihren Forschungs­ergebnisse­n ihre Masterarbe­it, promoviert heute über die Religionen Ostasiens.

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FOTO: PRIVAT Die Bochumer Studentin Dunja Sharbat Dar forschte im japanische­n Fukushima zu den Auswirkung­en des Reaktorung­lücks auf religiöse Gemeinscha­ften.

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