Aus Bochum nach Fukushima
Das Programm „LabExchange“ermöglicht es Studierenden der Ruhr-Universität, eine Zeitlang im Ausland zu forschen. Dort bekommen sie neue wissenschaftliche Impulse, die ihnen an der Heimat-Uni nützen können.
BOCHUM Es war ein Angebot, wie es so nicht jedem zuteil wird: Mehrere Monate am Massachusetts Institute of Technology zu forschen, einer der US-Elite-Universitäten – und das schon während des Studiums. Für Michael Schulthoff, Maschinenbau-Student an der Ruhr-Uni Bochum, gab es genau dieses Angebot: Er schickte eine Mail ans MIT, weil ihn die dortige, ganzheitliche Energie-Forschung, die „Energy Initiative“, interessierte, die die Energie-Problematik auch unter ökonomischen und soziologischen Aspekten beleuchtet. „Tatsächlich kam die Antwort vom MIT: Komm vorbei.“Dass er sich diese Chance nicht entgehen lassen konnte, war für den 26-Jährigen klar, doch: „Der Aufenthalt war ziemlich kostspielig, ich konnte das nicht finanzieren.“
Hilfe gab es unter anderem durch das Programm „LabExchange“der Ruhr-Uni, das seit 2016 existiert und durch den Qualitätspakt Lehre des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert wird. „Ziel ist es, Studierende international mobiler zu machen, sie schon während des Studiums in Forschungsprojekte einzubinden und ihnen interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln“, sagt Sonja Yeh, Koordinatorin für „LabExchange“. „Dazu gibt es Zuschüsse zu Reiseund Unterkunftskosten. Die Studierenden forschen dabei zum Beispiel im Labor, machen Datenerhebungen, führen qualitative Interviews, machen Ausgrabungen oder arbeiten mit Software, die es an der RuhrUni nicht gibt.“
Studierende aller Fächer sind angesprochen. „Wichtig ist, dass es sich um einen Forschungsaufenthalt, nicht um ein Auslandsstudium handelt“, so Yeh. „Sie bilden internationale Netzwerke, gewinnen andere Perspektiven. Das Programm richtet sich nicht an die große Masse der Studierenden, sondern an die, die wissenschaftlich interessiert sind, die sich vielleicht für eine Promotion interessieren, die lernen wollen, wie man wissenschaftlich arbeitet.“
Auch für Michael Schulthoff eröffnete sich am MIT eine neue Welt mit vielfältigen neuen Herausforderungen: „Ich war in ein Projekt eingebunden, das sich mit der Rolle von
Wasserstoff in zukünftigen Energie-Systemen beschäftigt. Ich habe so viel gearbeitet wie noch nie, war selten weniger als 12 Stunden in die Forschungsprozesse eingebunden. Das machen aber alle dort so: Es herrscht ein besonderer Spirit am MIT, es ist wahnsinnig international, alle sind unglaublich passioniert.“
Den gleichen Weg ebnete „LabExchange“für Dunja Sharbat Dar. Die Studentin mit dem Schwerpunkt Religionen Ostasiens war im Jahr 2018 mit dem Förderprogramm in Japan, machte Feldforschung in Fukushima. „Es ging mir um die Frage, wie religiöse Gemeinschaften sich durch das Reaktorunglück verändert und entwickelt haben.“
Von Bochum aus vereinbarte die 27-Jährige, die sich schon lange für die japanische Kultur begeistert und auch die Sprache spricht, wer sie vor Ort betreuen würde. In Japan angekommen, lebte sie sich zunächst an der Uni ein, schaute sich den Campus an, vernetzte sich mit Professoren. „Und natürlich habe ich mir auch das Land angeschaut.“
Mit dem Professor vor Ort kontaktierte Dunja Sharbat Dar wichtige Ansprechpartner aus religiösen Gemeinschaften, interviewte Pastoren und geistliche Leiter. Immer ging es um die Leitfrage, wie sich das religiöse Leben in Fukushima seit 2011 verändert hat und wie es sich auf die Gemeinschaften ausgewirkt hat, ihren religiösen Ort durch Erdbeben oder Radioaktivität verloren zu haben. „Ich habe mich außerdem auf Konferenzen vernetzt. Die Studierenden in Japan hat es übrigens überrascht, dass ich als Masterstudentin schon eigene Forschung machen konnte.“Zurück in Bochum schrieb Dunja Sharbat Dar aus ihren Forschungsergebnissen ihre Masterarbeit, promoviert heute über die Religionen Ostasiens.