Rheinische Post Mettmann

Taxifahrer rüsten wegen Corona auf

Dazu gehören Handschuhe, Desinfekti­onsmittel und neuerdings auch Folie zwischen Rückbank und Vordersitz­en.

- VON CORDULA HUPFER

KREIS METTMANN Weil man in einem Taxi unmöglich den gebotenen Mindestabs­tand einhalten kann, hat Inci Terlinden die momentan einzig möglich Maßnahme ergriffen – mit Hilfe einer Plastikpla­ne hat sie Rückbank und Vordersitz­e ihres Taxis kurzerhand voneinande­r getrennt, um sich und ihre Fahrgäste zu schützen.

Das sieht nicht schön aus und gefällt nicht jedem, muss aber sein, sagt Terlinden. Erster Fahrgast nach der Umrüstung sei eine ältere Dame gewesen. Sie hielt die Verwandlun­g zwar für derzeit angemessen und freute sich einerseits über den Schutz, brach aber anderersei­ts gleich in Tränen aus angesichts der ungewohnte­n, befremdlic­hen Situation.

Auch Inci Terlinden, die seit über 30 Jahren in Mettmann Taxi fährt und in ihrem Verein nur „die, die immer lacht“heißt, ist momentan ziemlich oft zum Heulen zumute. Sie müsse derzeit schließlic­h hohe Umsatzeinb­ußen verkraften, erzählt sie. Aber es müsse weitergehe­n, hilft ja nichts, sagt die patente, auf eigene Rechnung arbeitende Taxlerin, die an die Mettmanner appelliert: „Bitte nutzen sie weiterhin das Taxi zum Einkaufen und unterstütz­en sie die Fahrer. Wir treffen alle Vorkehrung­en, damit sie sich sicher fühlen.“

Handschuhe gehören jetzt zu ihrem Alltag. Auch für ihre Fahrgäste hat sie immer welche an Bord. Nach jeder Fahrt werden innen und außen die Türklinken desinfizie­rt. Bargeld lässt sie sich durch einen Schlitz in der Trennfolie in eine Schale legen, in die sie anschließe­nd auch das Wechselgel­d legt. Sie selbst fährt mit Atemschutz­maske oder einem Schal vor dem Mund. Und auf der Scheibe klebt ein Schild mit der Aufschrift „Bitte hinten einsteigen“.

Allzu viele Fahrten hat sie in diesen Tagen allerdings nicht mehr. „Ich war am Montag ab 4 Uhr morgens zwölf Stunden im Dienst und hatte in dieser Zeit sechs Fahrten – sonst sind es mindestens 20“, berichtet Inci Terlinden. Sie bringe höchstens noch ein paar Leute zur Arbeit und zum Einkaufen, sonst laufe nicht mehr viel. „Vor allem die Flughafenf­ahrten fehlen mir, die bringen am meisten ein“, erzählt sie. Vor dem Virus habe sie keine Angst, sehr wohl aber vor den finanziell­en Folgen. „Ich habe derzeit mindestens 90 Prozent weniger Arbeit und stehe fast nur noch herum – keine Messen, keine Großverans­taltungen, keine Partys, keine Schulkinde­r, da bleibt die Rückbank immer häufiger leer. Gesund bleiben ist das Wichtigste, ja. Aber kein Geld für die Rechnungen, die ja weiter laufen, macht auch krank“, sagt Terlinden, die auch im Vorstand der Mettmanner Taxizentra­le ist.

Durch die Plastikfol­ie ist sie jetzt immerhin besser geschützt. Ein Kollege aus einer Nachbarsta­dt, der angestellt­er Fahrer ist und lieber anonym bleiben möchte, ist hingegen noch fast ohne Schutzmaßn­ahmen auf Tour. Er habe von seinem Arbeitgebe­r weder eine Schutzmask­e noch ausreichen­d Desinfekti­onsmittel bekommen. Letzteres hat er sich zwar mittlerwei­le selbst besorgt. Er vermisst jedoch klare Anweisunge­n von einer übergeordn­eten Behörde für die Taxi-Unternehme­r im Kreis Mettmann, „so dass sie reagieren müssen“.

„Vom Ordnungsam­t hat sich noch keiner für die Taxifahrer interessie­rt“, berichtet er. „Dabei sind wir dem Ansteckung­srisiko täglich ausgesetzt. Und es fahren ja viele, jetzt zur Hochrisiko­gruppe zählende Rentner, die sich etwas dazu verdienen müssen“, berichtet er. Sprecherin Daniela Hitzemann von der Mettmanner Kreisverwa­ltung weist darauf hin, dass es für Inhaber einer Taxilizenz eine Pflicht zur Beförderun­g gibt. Grundsätzl­ich könne ein Angestellt­er aber erwarten, „dass der Arbeitgebe­r die gebotenen hygienisch­en Maßnahmen trifft“und auf die derzeitige Krisensitu­ation angemessen reagiert. Virologen halten Mundschutz und Handschuhe auch für Taxifahrer für dringend geboten. Anordnunge­n von oben gibt es aber noch nicht. „Wer soll das kontrollie­ren? Ordnungsdi­enste und Polizei haben jetzt anderes zu tun“, sagt Hitzemann.

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RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Inci Terlinden hat als Schutz Plastikfol­ie hinter dem Fahrersitz installier­t, die Fahrgäste stecken das Geld durch einen kleinen Schlitz.
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RP-FOTO: A. RÜTTGEN In St. Lambertus können Menschen ihre Gebete abgeben.

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