Röttgen für internationale Initiative
Der CDU-Außenpolitiker sieht einen drohenden Autoritätsverlust der EU.
BERLIN CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat ein mangelndes gemeinsames internationales Engagement gegen die Folgen der Verbreitung des Coronavirus kritisiert und eine deutsche Initiative gefordert. „Deutschland sollte auf internationaler Ebene aktiv werden. Sinnvoll wäre ein Kern von Staaten – Deutschland, Frankreich und Großbritannien –, die sich zusammenschließen und gemeinsam auf europäischer Ebene sowie im Kreis von G7 und G20 abgestimmt gemeinsame Initiativen anstoßen“, sagte Röttgen unserer Redaktion.
Bisher unternehme die internationale Staatengemeinschaft viel zu wenig, betonte Röttgen, der sich um den CDU-Vorsitz bewirbt. Vom Gipfel der 20 wichtigsten Industrieund Schwellenländer sei zwar eine starke Rhetorik ausgegangen, aber es gab keine gemeinsame Strategie und oder gemeinsame Vereinbarungen zum Handeln. „Es besteht die Gefahr, dass die Coronakrise ein Beschleuniger
der schon vorher zu erkennenden Zerfallserscheinungen internationaler Bündnisse wird.“Insbesondere die EU drohe an Autorität zu verlieren, mahnte Röttgen. Es werde höchste Zeit, dass die EU im Kampf gegen Corona innerhalb und außerhalb Europas mit mehr Einfluss sichtbar werde.
Eine Videoschaltkonferenz der europäischen Staats- und Regierungschefs war in der vergangenen Woche ohne Einigung zu Ende gegangen. Gestritten wird insbesondere darüber, wie die EU die wirtschaftlichen Folgen der Krise bewältigen soll. Während einige Staaten – wie schon in der Finanzkrise – gemeinsame Staatsanleihen in Form von Eurobonds fordern, sehen Deutschland und andere Länder den Euro-Rettungsfonds ESM als richtiges Instrument für die Krise. Es ist aber unklar, wie der Fonds die Länder mit frischem Geld versorgen könnte. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die mangelnde Solidarität innerhalb der EU bereits scharf kritisiert.
„Es ist verständlich, dass in der ersten Welle die Staaten den Schutz der eigenen Bevölkerung als vorrangig ansehen“, sagte Röttgen. Jetzt aber müsse das staatliche Handeln so abgestimmt werden, dass es der internationalen Dimension der Corona-Krise Rechnung trage. „Das sollte jeder Staat schon im Eigeninteresse tun. Deutschland kann sich nicht isolieren.“Denn die Auswirkungen der Verbreitung von Covid-19 in anderen Staaten werde auf Deutschland zurückschlagen, betonte Röttgen. Zudem habe die weltweite Pandemie das Potenzial, die europäische Ordnung, sogar die Weltordnung, grundlegend zu verändern. Die Stabilität des Euro könne in Gefahr geraten. Für Europa werde es auch unabsehbare Folgen haben, wenn sich Covid-19 in Afrika ausbreite und der Kontinent damit alleingelassen werde.
Das Virus ist inzwischen in Afrika angekommen. Mittlerweile melden 38 Länder auf dem Kontinent Fälle. Hilfsorganisationen schlagen bereits Alarm.